Sonntag, 18. Juli 2010

Schumann: Kreisleriana - Arabeske - Carnaval; Korstick (Oehms Classics)

Kraftvoll und geradlinig spielt Michael Korstick drei frühe Schlüs- selwerke von Robert Schumann: Die Kreisleriana op. 16, die Arabeske op. 18 und Carnaval op. 9. 
Korsticks Auffassung zufolge bringt Carnaval das Wesen Schumanns auf den Punkt, wie kein anderes Stück. Die Aufnahme dieses Zyklus stammt aus dem Jahre 1997; der Pianist hat sich entschieden, sie mit in diese CD zu integrieren, weil sie in den Kon- text passt - und weil er sie noch immer für gültig hält. "Ich mache mir grundsätzlich immer so viele Gedanken über die Interpretation eines Stücks, dass ich nicht nach fünf Jahren alles falsch finde. Ich glaube zudem, dass es keine Aktualität gibt, wenn man sich ernsthaft mit Musik auseinandersetzt", sagt Korstick. "Es geht ja um eine tiefere Wahrheit, und man muss dieser so nah wie möglich kommen. Das unterliegt keinen Aktualitätsschwankungen."
Während Carnaval von der Polarität der Schumann-Seelenzustände Florestan und Eusebius geprägt sei, sieht der Pianist "diese Wider- sprüche in Kreisleriana in dem Sinn aufgehoben, als sie organisch miteinandere verbunden werden." Und an Arabeske fasziniert ihn besonders die Coda: "Das sind für mich die erstaunlichsten Einzel- takte, die Schumann überhaupt geschrieben hat. Schumann sehnte sich nach irdischem Frieden, und in dieser Coda hat er ihn gefun- den." 
Bei dieser Einspielung bleibt nichts Zufall, nichts gefühlig-nebulös, hier ist jeder Takt durchdacht und jeder Pedaleinsatz wohlüberlegt. Zu Schumann passt ein derartiges analytisch sorgsames Musizieren ausgezeichnet; Korstick macht Zusammenhänge hörbar, und zeigt so Seelenlandschaften auf. Diese Aufnahme ist insgesamt von einer Klarheit und Strukturiertheit, die bei einem Romantiker verblüfft. Ein würdiges Präsent zum 200. Geburtstag des Komponisten - für mich gehört diese CD zu den besten Schumann-Einspielungen zum Jubiläum.

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