Sonntag, 28. November 2010

Christmas at San Marco (Berlin Classics)

Der Dom San Marco war bis zur Auflösung der Republik Venedig 1797 die Kirche des Dogen, und insbesondere das Weihnachtsfest wurde dort glanzvoll zelebriert. Diese CD zeigt einen Ausschnitt aus den Feierlichkeiten, wie sie für das Jahr 1767 denkbar sind. Vermutet wird, dass damals das Kyrie in F von Ferdinando Bertoni, Messa per San Marco und Adeste fideles von Baldassare Galuppi, eine Sinfonia in G von Gaetano Latilla und das Te Deum in C von Galuppi erklangen. Der seit 1762 amtie- rende maestro di cappella allerdings hielt sich seinerzeit in Russland auf, wo er von 1765 bis 1768 als Hofkapellmeister und -komponist wirkte. 
Eigentlich hatte er wenig Lust, an den Hof Katharinas II. zu gehen, doch venezianische Diplomaten konnten ihn schließlich zu der Reise überreden. Dass die Zarin Galuppi eingeladen hat, das wird nicht überraschen - prägte und repräsentierte der Musiker doch die Musik der Serenissima wie vor ihm nur Johann Adolf Hasse. Galuppi war als Opernkomponist ebenso berühmt wie für seine Kirchenmusik, und zu Lebzeiten weit bekannter als selbst Antonio Vivaldi. 
Die Messkomposition für das Weihnachtsfest 1767 schickte der Musiker aus Moskau nach Venedig. Es war üblich, dass der maestro di cappella Gloria und Credo vertonte, und der erste Organist das Kyrie. Sanctus und Agnus Dei wurden durch ein Motetto und ein Instrumen- talstück ersetzt. Komplettiert wurde die Mitternachtsmesse durch das Te Deum laudamus. Die Position des ersten Organisten diente tradi- tionell zur Vorbereitung auf den Kapellmeisterposten; tatsächlich erhielt Ferdinando Bertoni die Stelle nach dem Tode Galuppis. Vizekapellmeister Gaetano Latilla leitete die cappella ducale während der Russlandreise Galuppis. Er war für eine umfassende Reform dieses Klangkörpers verantwortlich, die ihm die Leistungsfähigkeit sicherte, war aber auch selbst ein exzellenter Komponist, wie die Sinfonia in G zeigt. 
Zu hören sind das Vocal Concert Dresden und das Dresdner Instrumental-Concert unter Peter Kopp. Der Chor singt vorzüglich; allerdings kann das Solistenquintett ihm nicht das Wasser reichen, was die Freude etwas dämpft. Aber für derartige spätbarocke Musik wünscht man sich farbenreiche, typische Stimmen, wie einen strahlenden, beweglichen Sopran, einen dunkel timbrierten Alt. Die Stimmen von Gemma Bertagnolli, Sopran 1, Valentina Varriale, Sopran 2 und Mary-Ellen Nesi, Alt, sowie Julien Behr, Tenor und Clemens Heidrich, Bass, harmonieren zwar gut miteinander. Aber insbesondere die Damen haben eher klassische Opernstimmen, was zu dieser Art Musik meiner Ansicht nach nicht so gut passt.

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