Freitag, 8. Juli 2011

Brahms: Piano Concerto No. 2, Klavierstücke op. 76; Angelich (Virgin Classics)

"Und er ist gekommen, ein junges Blut, an dessen Wiege Grazien und Helden Wache hielten. Er heißt Johannes Brahms, kam von Ham- burg, dort in dunkler Stille schaffend, aber von einem treff- lichen und begeistert zutragenden Lehrer gebildet in schwierigen Setzungen der Kunst, mir kurz vorher von einem verehrten be- kannten Meister empfohlen. Er trug, auch im Äußeren, alle Anzei- chen an sich, die uns ankündigen: Das ist ein Berufener", schwärmte Robert Schumann 1853 in seiner Neuen Zeitschrift für Musik über den jungen Musiker, der sich kurz zuvor den Schumanns vorgestellt hatte.
Von "Grazien und Helden" freilich dürfte Johannes Brahms (1833 bis 1897) in seiner Jugend wenig gespürt haben. Sein Vater spielte in Hamburger Lokalen zum Tanz auf. Schon früh erkannte er, dass sein Filius ebenfalls musikalisch war, und so erhielt Brahms ab seinem siebenten Lebensjahr Klavierunterricht. Er begann seine Pianisten- laufbahn in Matrosenkneipen und Tanzlokalen.
Das Klavier sollte zeitlebens das von ihm bevorzugte Instrument bleiben. Bienenfleißig studierte Brahms die Werke der Kollegen - vor allem auch der bereits verstorbenen - und glich so aus, was ihm an Ausbildung versagt geblieben war. Als er sich an die ersten Orche- sterwerke wagte, suchte er den Rat erfahrener Kollegen und lernte von ihnen. Wer allerdings Brahms' Klavierwerke mit ihrer mitunter geradezu orchestralen Textur kennt, der wird sich das Zögern des Komponisten am ehesten mit seinem hohen Anspruch erklären. 
Die beiden Werke auf dieser CD zeigen den reifen Brahms - die Klavierstücke op. 76 entstanden 1870, das Konzert für Klavier Nr. 2 in B-Dur 1882. Nicholas Angelich spielt das Klavierkonzert im Dialog mit dem Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks unter Paavo Järvi - betont romantisch, sehr gediegen und reich an Klangfarben und Schattierungen. Ausgesprochen differenziert erklingen auch die Klavierstücke op. 76, vier extravagante Capricci nebst vier aus- drucksstarken Intermezzi. Angelich hat hörbar Vergnügen an diesen vertrackten Rhythmen und alles andere als simplen harmonischen Ideen. Man lauscht mit wachsender Begeisterung - eine Ausnahme-Aufnahme mit Tiefe und Kraft, wie man sie selten findet. 

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