Montag, 11. Juli 2011

Telemann: Ich hoffete aufs Licht (cpo)

"Meine Harfe ist eine Klage wor- den, und meine Pfeiffe ein Weinen" - dieses Bibelwort, das Bestandteil des umfangreichen Textes  ist, be- schreibt die Gedanken der Ham- burger bei der Nachricht vom Ableben von Kaiser Karl VII. Der Wittelsbacher, dessen Wirken mit dem zeitgenössischen Bonmot "et Caesar et nihil" ziemlich gut cha- rakterisiert ist, war am 20. Januar 1745 in München an der Gicht ge- storben. 
Im Lande tobte der Österreichi- sche Erbfolgekrieg, mit dem gleich mehrere deutsche Fürsten Maria Theresia das Erbe des Hauses Habsburg streitig machen wollten, nachdem ihr Vater, Kaiser Karl VI., ohne einen männlichen Nach- kommen verstorben war. Zwar waren die Hamburger bislang von Kämpfen verschont geblieben. Doch fürchtete die Hansestadt, die als Freie Reichsstadt unmittelbar dem Kaiser unterstand, das Machtstre- ben des dänischen Königshauses, das die reichen Kaufleute nur zu gern zu Untertanen gehabt hätte. 
So kam die Trauer um den Kaiser in Hamburg, das Instabilität fürch- tete, durchaus von Herzen. Die Hansestadt setzte eine vierwöchige Landestrauer an, und beauftragte Georg Philipp Telemann, den städti- schen Director Musices, eine Trauermusik zu komponieren. Das war ein schwieriges Unterfangen, denn dieses Werk sollte in allen fünf Hauptkirchen der Stadt gleichzeitig aufgeführt werden. Der Hambur- ger Chorus musicus aber verfügte maximal über acht Sänger und
18 Instrumentalisten, verrät das sehr informative Beiheft zu dieser CD. Aus diesem Grunde wurden für den Trauergottesdienst zahlreiche Musiker aus der Umgebung herangeholt. Telemanns Unterlagen zei- gen, dass in jeder Kirche vier Sänger und ein 14- bis16köpfiges Orche- ster musizierten - die gedämpften Trompeten, Pauken und Streicher nebst Continuo wirken in dieser schmalen Besetzung erst recht wie der Nachhall einstiger kaiserlicher Pracht. 

Auch Telemanns Werk selbst ist erstaunlich schlicht und geradlinig. Selbst die Arien verzichten weitgehend auf Koloraturen; die Sing- stimme folgt dem Sprachmetrum. Diese herbe Musik klagt erstaunlich wenig und tröstet nicht, und kurz vor Schluss spricht der Text aus, was die Gemeinde viel mehr beschäftigt als das Hinscheiden des wenig glücklichen Kaisers: "Verbinde, Höchster, nun einmahl / des Teut- schen Reichs bisher entzweyte Hüter / zur holden Eintracht der Gemüther, / und zu beglückter Kayserwahl." 
Mit einer Besetzung, wie sie Telemann bei einer Aufführung unter normalen Umständen zur Verfügung gestanden hätte, hat Michael Schneider mit seinem Ensemble La Stagione Frankfurt Ich hoffete aufs Licht im vergangenen Jahr zu den Telemann-Festtagen in Magdeburg vorgestellt. Wie die "Orchester"musiker, sind auch die acht Sänger ausgewiesene Experten in Sachen Alte Musik. Zu hören sind Gabriele Hierdeis und Annegret Kleindopf, Sopran, Dmitri Jegorow und Ulrike Andersen, Alt, Georg Poplutz und Benjamin Kirchner, Tenor sowie Nils Cooper und Stephan Schreckenberger, Bass. Die CD präsentiert den Mitschnitt des Konzertes vom 20. März 2010 - und man hört sie gern. Denn hier wird ebenso fundiert wie solide musiziert. Die Solisten teilen sich in Arien und Chöre; alles klingt ausgewogen, gut durchdacht und sorgsam abgestimmt. Bravi!  

Keine Kommentare: