Montag, 30. April 2012

Lully: Phaeton - Atys - Armide (Tudor)

Es ist schon eine amüsante Fuß- note der Musikgeschichte, dass diese Musik, die heute als typisch französisch gilt, von einem Italie- ner komponiert wurde: Giovanni Battista Lulli (1632 bis 1687) stammte aus Florenz. Er kam als Italienischlehrer der Cousine Ludwigs XIII., nach Frankreich. Es wird vermutet, dass er beim Spielen den jungen Ludwig XIV. kennenlernte. Die beiden Jungen waren Tanz und Musik ähnlich leidenschaftlich zugetan; sie haben offenbar mehrfach gemeinsam in Balletten getanzt, beispielsweise im Ballet royal de la nuit, wo Ludwig zum ersten Mal in der Rolle der aufgehenden Sonne vor das Publikum trat. 
So kam es, dass Jean-Baptiste Lully 1653 zum Compositeur de la musique instrumentale und 1661 zum Surintendant de la musique de la chambre du Roi avancierte. 1672 sicherte sich Lully zudem mit der Übernahme der Académie Royale de Musique das Monopol darauf, Opern aufzuführen. Das Pariser Opernorchester, das Lully auf Basis der Vingt-quatre violons du Roi etablierte, galt bald als größtes und bestes Orchester der Welt. 
Um die Werke Lullys auch mit anderen Besetzungen spielbar zu machen, bearbeiteten seine Verleger die Stücke. Denn im Norden Europas waren andere Stimmverteilungen üblich; auch standen an den kleineren Höfen zumeist deutlich weniger Musiker zur Verfügung. Das Capriccio Barockorchester hat auf dieser CD eine Auswahl cha- rakteristischer Sätze dreier wichtiger Werke des Komponisten einge- spielt, und zwar auf der Basis der Versionen, die bei Estienne Roger in Amsterdam erschienen sind. Phaeton, eine Tragédie en musique aus dem Jahre 1683, erfordert eine umfangreiche Besetzung mit etlichen Streichern, acht Bläsern und Cembalo. Atys, erstmals aufgeführt 1676, erklingt in einer geradezu kammermusikalisch anmutenden Variante mit solistisch besetzten Streichern, fünf Bläsern, Theorbe und Cembalo. Für Ouverture, Chaconne & Tous les autres Airs à jouer de l'Opéra d'Armide nach Lullys letzter Oper aus dem Jahre 1687, wurde eine Besetzung ausgewählt, wie sie wohl für eine mittelgroße Hofkapelle oder ein Collegium musicum der Barockzeit typisch war. 
Das Capriccio Barockorchester musiziert mit Esprit, Eleganz und tänzerischer Leichtigkeit. So gelingt dem Ensemble, das von seinem Konzertmeister Dominik Kiefer geleitet wird, eine der schönsten Lully-Aufnahmen, die man je zu hören bekam. Bravi! und, bitte, mehr davon. 

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