Samstag, 12. Mai 2012

Johann Christoph Friedrich Bach: Die Kindheit Jesu (Capriccio)

Johann Christoph Friedrich Bach (1732 bis 1795), der zweitjüngste Sohn Johann Sebastian Bachs, ging 1750 an den Hof der Grafen zu Schaumburg-Lippe nach Bücke- burg, wo er bis an sein Lebensende wirkte. War er zunächst als Cam- mer-Musicus angestellt, wurde er 1759 zum Concert-Meister der etwa 15köpfigen Hofkapelle, und verantwortete in dieser Funktion das gesamte musikalische Ge- schehen an dem norddeutschen Hof. 
Das Ensemble war durch venezianische Musiker geprägt. Bach hatte die italienische Musiktradition mit Sicherheit in Dresden erlebt, setzte in Bückeburg jedoch eigene Akzente. So stand er mit seinem Bruder Carl Philipp Emanuel Bach, insbesondere nach dessen Übersiedlung nach Hamburg, in engem Kontakt, und übernahm auch künstlerisch so manche Idee, was seinen Stil deutlich in Richtung Empfindsamkeit wandelte.
1771 wurde der Dichter und Theologe Johann Gottfried Herder nach Bückeburg berufen. Auch das brachte Bach so manche Anregung. So schrieb Herder 1772 Die Kindheit Jesu. Er nannte das Werk Ein biblisches Gemälde, und sandte es als Weihnachtsgabe an seine Braut Caroline Flachsland nach Darmstadt. Zugleich aber gab er es dem Musiker zur Vertonung, und so erklang das fertige Opus im Februar 1773 erstmals am Bückeburger Hof. Kleine Kostprobe: "Er bricht! Der Himmel bricht! O Licht!" Herders Text ist, selbst für damalige Ver- hältnisse, eher viel Gefühl als, nun ja, Verstand. Bachs Musik ist aber besser. 
Wie weit sich der Bach-Sohn von seinem Vater und Lehrer entfernt hat, zeigt noch eindeutiger die vierstimmige Motette zu dem bekann- ten Kirchenlied Wachet auf, ruft uns die Stimme. Der Bückeburger Bach schuf sie ein halbes Jahrhundert nachdem sein Vater die gleichnamige Kantate komponiert hatte. Es ist ein kühnes Werk, das so gar nichts hat von der Galanterie beispielsweise eines Mozart, der etwa zur gleichen Zeit seine Krönungsmesse geschrieben hat. Musikwissenschaftler stehen etwas ratlos vor diesem Monument, das einige Anleihen beim Werk des Thomaskantors nicht verleugnet, diese zugleich aber durch moderne Klänge ergänzt, die Bach junior erstaunlicherweise mit dem alten, kontrapunktischen Stil einbin- det. Es ist Hermann Max und seines Ensembles Rheinische Kantorei und Das Kleine Konzert zu verdanken, dass wir die beiden Werke heute in sehr ordentlichen Aufnahmen aus dem Jahre 1988 auf CD vorliegen haben. 

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