Samstag, 25. August 2012

Tellefsen: The complete works for piano solo (Simax)


Thomas Dyke Akland Tellefsen (1823 bis 1874) war der Sohn des Organisten Johan Christian Tellefsen aus Trondheim. Wie schon sein Vater, wurde er durch Ole Andreas Lindeman unter- richtet, der ein Schüler von Israel Gottlob Wernicke war, den wiede- rum Johann Philipp Kirnberger unterwiesen hatte – und so führte die Tradition, in der seine Aus- bildung stand, auf direktem Wege zu Johann Sebastian Bach.
Bekannt ist, dass Lindemann seine Schüler nicht nur die Werke des Thomaskantors spielen ließ, sondern auch die seines Sohnes Carl Philipp Emanuel Bach sowie Werke von Kirnberger, Daniel Gottlob Türk und Johann Mattheson. Der junge Musiker übte nicht nur auf Cembalo und (Hammer-)Klavier, auch mit der Orgel war er bestens vertraut.
Um seine Ausbildung zu vervollständigen, ging Tellefsen 1842 nach Paris. Er nahm Unterricht bei Charlotte Thygeson, einer Schülerin von Friedrich Kalkbrenner, und traf unter anderem auf Liszt, Henri Herz und Giacomo Meyerbeer, der ihn zum Komponieren ermunter- te. Schließlich begegnete er auch George Sand, die ihn mit Chopin zusammenbrachte. Wie eng der Freundesbund zwischen den beiden Musikern schon bald wurde, zeigt sich vielleicht am besten daran, dass Chopin Tellefsen 1849 sozusagen auf dem Sterbebett bat, seine Nichte zu unterrichten, und seine Unterrichtswerke fertigzustellen.
Vor der französischen Revolution und dem anrückenden preußischen Militär floh Tellefsen nach London. Doch ansonsten wurde die Kunst- metropole Paris zu seiner Wahlheimat. Doch als er spürte, dass sein Leben zu Ende ging, sorgte er dafür, dass sein Nachlass, insbesondere seine Werke, nach Norwegen gebracht wurden. Er ging davon aus, dass sie in Trondheim und Oslo mehr Beachtung finden würden.
Nun hat Einar Steen-Nøkleberg bei Simax Classics auf vier CD sämt- liche Kompositionen des Chopin-Schülers für Klavier solo eingespielt. Für die nicht publizierten Werke wählte er einen Hammerflügel von Érard aus dem Jahre 1853, ähnlich den Instrumenten, die der junge Tellefsen täglich drei Stunden im Studio des Klavierbauers zum Üben nutzen durfte.
Das Werk des norwegischen Musikers bezeugt – trotz aller Nähe zu dem verehrten Meister Chopin – in erster Linie seine große Eigen- ständigkeit. Selbstverständlich finden sich auch in Tellefsens Werk Mazurken. Doch anstelle polnischer Melodien finden sich Anklänge an seine Heimat. „Die Mehrheit von Tellefsens Mazurken hat einen nor- wegischen Geschmack, der springar, ein norwegischer Tanz, wird darin erkennbar“, meint Steen-Nøkleberg. „Und genauso ist es auch mit den meisten seiner anderen Klavierstücke. Es ist Aufgabe des Interpreten, dieses kulturelle Erbe zum Leben zu erwecken.“
Tellefsen verbindet in seinen Kompositionen französische Eleganz mit nordischer Bodenständigkeit. Einar Steen-Nøkleberg haben diese Werke durch 50 Jahre seines Lebens begleitet. Und wenn der Pianist im Beiheft den Wunsch äußert, dass diese Stücke in Zukunft von vielen jungen Musikern gespielt werden, dann wird sich der Zuhörer dem gern anschließen – es ist ein Gewinn, dass dieses Lebenswerk wieder erschlossen worden ist.

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