Montag, 27. Mai 2013

Double Bass Fantasy - Ödön Rácz (Gramola)

„Ein widerspenstigeres Material für die Bravour kann es aber kaum geben, als den Contrabass, und einen vollkommeneren Bändiger desselben auch nicht, als Botte- sini“, schwärmte einst der renom- mierte Musikkritiker Eduard Hanslick. „Glaubt jemand, das Staunen über technische Virtu- osität verlernt zu haben, bei Bottesinis Production wird er es wieder lernen. Daß ein ästheti- scher Eindruck, welcher haupt- sächlich aus dem Erstaunen resultirt, kein nachhaltiger sei, bedarf freilich nicht erst eines Beweises. Hingegen verdient Bottesini das ausdrückliche Lob, daß er auch in der Bravour mit Geschmack verfährt und jene bajazzoartigen Charlatanerien verschmäht, mit denen auf derlei Ausnahmeinstrumenten so gern geflunkert wird.“ 
Die Werke des Urvaters aller Kontrabass-Virtuosen gehören bis zum heutigen Tage zu jenem Repertoire, mit dem Solisten gern ihr Publikum beeindrucken. Ödön Rácz, Solo-Kontrabassist der Wiener Philharmoniker, brilliert auf dieser CD mit den von Giovanni Bottesini arrangierten Fantasien zu den Opern Lucia di Lammermoor von Gaetano Donizetti und Beatrice di Tenda von Vincenzo Bellini.
Derartige Bearbeitungen von populären Opernmelodien waren in der Zeit vor der Erfindung des Radios sehr beliebt. Sie erklangen sowohl in den Salons als auch im Konzert, und sie wurden von der höheren Tochter ebenso gern gespielt wie von namhaften Solisten. Niccolò Paganini beispielsweise schrieb sich selbst eine Fantasie über ein Thema aus Rossinis Oper Moses – zu spielen auf einer einzigen Saite seiner Violine. Diese Herausforderung nahmen natürlich auch die Kontrabassisten gern an. Es lohnt sich, wie Rácz demonstriert.
Er spielt noch ein weiteres virtuoses Werk, das ursprünglich für Violine komponiert wurde – den Valse triste c-Moll von Ferenc Vecsey. Das Stück Bass Trip wurde für den ARD-Musikwettbewerb von Peteris Vasks geschrieben. Der Lette ist selbst Kontrabassist, er weiß also, was er von dem Interpreten fordert (der dazu schließlich auch noch fröhlich pfeifen soll).
Die Sonata enigmatica für Kontrabass solo von Gottfried von Einem entstand auf Anregung Ludwig Streichers (1920 bis 2003). Für diesen Musiker, der jahrzehntelang Mitglied der Wiener Philharmoniker war und als einer der großen Virtuosen auf dem Kontrabass gilt, entstand auch eine Version von Nikolai Rimski-Korsakows berühmtem Hum- melflug. Mit diesem Encore, das Streicher im hautengen Kostüm vorgetragen haben soll, beendet sein „Enkelschüler“ Rácz das Pro- gramm. Es wird bei einigen Stücken von dem exzellenten Pianisten János Balázs Jr. begleitet; den Hummelflug absolvieren an seiner Seite zudem The Philharmonics – Orchesterkollegen, die sich dem Cross-Over verschrieben haben.
Ödön Rácz spielt einen Kontrabass des Wiener Instrumentenbauers Michael Ignatius Stadlmann aus dem Jahre 1781. Klanglich zieht er alle Register von kernig bis lyrisch und von ätherisch bis sonor. Ob virtuose Läufe oder Doppelgriffe – keine technische Herausforderung bringt den Musiker, der aus Budapest stammt, in Verlegenheit. Seine Intonation ist stets perfekt, und seine Spielfreude macht diese CD zum Genuss. Gern mehr!

Keine Kommentare: