Dienstag, 18. Oktober 2016

Beethoven: Hammerklaviersonate; Sokolov (Sony)

„Sie wird den Pianisten zu schaffen machen“, soll Ludwig van Beethoven einst über seine Große Sonate für das Hammerklavier op. 106 geäußert haben. Das Werk gilt noch immer als Gipfelpunkt pianistischer Kunst; umso erstaunlicher erscheint es, dass der junge Grigory Sokolov einst eine Interpretation in einer Studioaufnah- me eingespielt hat. Der Pianist hatte sich im November 1975, im Alter von 25 Jahren, an Beethovens Opus gewagt. 
Die Aufzeichnung ist in München entstanden, als Co-Produktion von Ariola-Eurodisc und dem Bayerischen Rundfunk; wiederveröffentlicht wurde sie nun durch Sony. Sie zeigt, mit welcher Perfektion Sokolov schon damals sein Instrument beherrschte. Es steht jedoch zu vermuten, dass der Musiker mit diesem Tondokument heute nicht mehr vollends zufrieden sein könnte. 
Zum einen ist Sokolov dafür bekannt, dass er Aufnahmen generell extrem kritisch gegenübersteht. Seine Konzerte sind wahre Wunder an sensibler, fein abgestimmter Artikulation und Phrasierung; Effekthascherei ist ihm zuwider. Zum anderen ist es eine Binsenweisheit, dass Fingerfertigkeit zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für pianistische Spitzenleistungen ist. Mindestens ebenso wichtig wie das rein technische Vermögen eines Musikers ist sein Musikverständnis – und in diesem Punkt dürfte auch Grigory Sokolov heute, selbstverständlich, so manches anders lesen als in seinen Jugendjahren. 

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