Samstag, 24. Dezember 2016

Euch ist ein Kindlein heut geborn (Carus)

„Wer sich die Musik erkiest, hat ein himmlisch Werk gewonnen; denn ihr erster Ursprung ist von dem Himmel selbst genommen, weil die lieben Engelein selber Musikanten sein“, reimte einst Martin Luther. Fünf Lieder des Reformators für die Adventszeit und das Weihnachtsfest sind auf dieser CD zu hören – in Bearbeitungen, die von den ersten Kantoren in der Reformationszeit selbst oder aber von der nachfolgen- den Musikergeneration geschaffen worden sind. 
Das Musterbeispiel eines evange- lisch-lutherischen Kantors war ohne Zweifel Johann Walter (1496 bis 1570). Er hatte in Leipzig studiert, und ging nach Torgau, um dort als Sänger und Komponist in der ernestinischen Hofkapelle zu wirken. Nach dem Tode seines Dienstherren, Kurfürst Friedrich der Weise, wurden die Hofsänger aber nicht weiter beschäftigt. Walter blieb dennoch in Torgau; 1526 gründete er die Stadtkantorei, um, ganz im Sinne Luthers, die neue Kirchenmusik aufführen zu können. Dazu kam 1530 noch ein Schulkanto- rat, in dem der Nachwuchs ausgebildet wurde. Damit schuf Johann Walter ein Vorbild, das in vielen anderen Städten kopiert wurde und Generationen von Kantoren prägte; nicht zuletzt durch sein Geystliches GesangkBuch- leyn wurde er quasi zum Urkantor der Reformation. 
Auf dieser CD ist er ebenso vertreten wie viele seiner Kollegen. Denn die Hamburger Ratsmusik unter Leitung von Simone Eckert stellt gemeinsam mit den Sopranistinnen Veronika Winter und Ina Siedlaczek und Tenor Jan Kobow die ausgewählten Lieder jeweils in sehr vielen verschiedenen Versionen vor. Jede Strophe wird anders gestaltet; es erklingen Werke der unterschiedlichsten Komponisten, in verschiedensten Besetzungen vor- getragen, vom schlichten Kantionalsatz bis hin zu komplexen mehrstim- migen Versionen, teilweise auch reinen Instrumentalsätzen. Das alles wird sehr klangschön vorgetragen; wer sich für die Anfänge der evangelischen Kirchenmusik interessiert, der sollte sich diese CD unbedingt anhören. Und auch sonst ist sie ein würdiger Auftakt zum Lutherjahr. 

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