Samstag, 1. April 2017

Fritz Wunderlich Schlager aus den 50ern / Festliche Arien (SWR Music)

Fritz Wunderlich war ein Phänomen. Im Beiheft zu dieser CD kann man erfahren, dass der Tenor in Kindheit und Jugend eine harte Schule erlebte. Denn schon als Kind musizierte er gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Schwester – um Geld zu verdienen; der Vater war mit einer Gastwirtschaft gescheitert und hatte sich das Leben genommen, als Fritz fünf Jahre alt war. 
„Ich habe mein Studiengeld bei der Tanzmusik verdient“, berichtete der Sänger später in einem Interview. „Ich hab also Jazz gemacht, ich habe Trompete geblasen, ich habe Akkordeon gespielt, ich habe Jazz gesungen, nachts, am nächsten Morgen bin ich zum Studium gegangen und habe alte Arien gesungen.“ 
Schon 1953 holte Willi Stech Wunderlich erstmals ins Studio des Südwest- funks, wo innerhalb weniger Jahre etliche Aufnahmen mit dem Sänger entstanden. Solche alten Schätze hat der SWR nun aus den Tonarchiven geholt und sorgsam remastert, so dass sie heutigen Ansprüchen genügen. Auf dieser Doppel-CD kann man Fritz Wunderlich nun also als Schlager- sänger und mitunter sogar als Trompeter hören. Die Schlager aus den 50er und 60er Jahren allerdings haben musikalisch ein etwas anderes Kaliber, als man das heute gewohnt ist; sie sind nahe Verwandte der Operettenlieder, und dieses Genre ist für Sänger alles andere als einfach – auch wenn es dann letztendlich in der Vorstellung mühelos klingen muss. 
Wie er in jenen frühen Jahren die „alten Arien“ gesungen hat, das belegt eine weitere CD mit Aufnahmen, die zwischen 1955 und 1959 entstanden sind. Zu hören sind Rezitative sowie eine Arie aus Bachs Weihnachts- oratorium, aufgezeichnet bei einer Aufführung 1955 in der Stuttgarter Markuskirche, zwei Weihnachtsmotetten von Heinrich Schütz und zwei Kantaten von Dieterich Buxtehunde und Georg Philipp Telemann sowie Ausschnitte aus Händels Messias. Dieser Mitschnitt von 1959 macht deutlich, welch rasante Entwicklung der Sänger innerhalb weniger Jahre genommen hat: Die Stimme gereift, die Technik exzellent, und der Vortrag zunehmend differenzierter. 
Zehn Folgen soll die Wunderlich-CD-Serie einmal umfassen, und alle Bereiche seines Wirkens – von Schlagern und Operetten, über „Alte“ Musik bis hin zu Werken des 20. Jahrhunderts. Man darf sehr gespannt sein auf die Entdeckungen, die da noch kommen werden. 

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