Samstag, 20. Mai 2017

Sing-Übung (MDG)

„Sing-Übung“ überschrieb Michael Massong seine CD. Und so stellen auch die eingespielten Werke weniger die technische Virtuosität des Solisten als vielmehr den Klang der Posaune in den Vordergrund. 
Dieses Blasinstrument kommt mit seiner Fähigkeit zur freien Modulation dem Ausdrucksvermögen der menschlichen Stimme nahe. Nicht ohne Grund hat Massong für diese Einspielung auch einige Lieder ausgewählt – neben der benannten Sing-Übung von Franz Schubert erklingen vier Lieder von Johannes Brahms; es sind, wie die Sing-Übung, Duette, in denen die Posaune gemeinsam mit dem Horn erklingt. Přemysl Vojta musiziert hier als Partner von Michael Massong – so butterweich und sonor mitunter, dass man rätselt: Ist jetzt die Posaune zu hören? Oder erklingt doch das Horn? 
Auch die berühmte Vocalise von Sergej Rachmaninoff findet sich im Programm, und eine melancholische Romance, die Carl Maria von Weber zugeschrieben wird. Das Nocturno komponierte Franz Strauss, der Vater von Richard Strauss, für sein Instrument, das Horn. Posaunist Massong spielt es mit ausdrucksstarkem, warmen Ton, was den Charakter dieser Musik noch unterstreicht. 
Kantables Spiel, verbunden mit gestalterischer Dezenz, zeichnet auch seine Interpretation von Franz Liszts Romance oubliée aus. Und spätestens an dieser Stelle müssen zwei weitere Beteiligte an dieser Produktion benannt werden. Das ist zum einen Thomas Böttger, der zahlreiche Arrangements dafür geschaffen hat – mit großer Stilsicherheit und der beeindruckenden Gabe, so zurückhaltend vorzugehen, dass der Zuhörer die Bearbeitung als solche nur dann wahrnimmt, wenn er das Original kennt. Ansonsten klingen all diese Werke, als wären sie ursprünglich für die Bläserbesetzung entstanden. Respekt! 
Nicht vergessen werden soll natürlich auch Tomoko Sawano am Klavier. Die Pianistin ist den Bläsern eine exzellente Klavierpartnerin. Deutlich wird dies beispielsweise auch in Wotans Abschied aus Richard Wagners Oper Die Walküre, wo sie einen geradezu orchestralen Auftritt hat, sowie in der Ballade von Frank Martin (1890 bis 1974). Der Schweizer Kompo- nist macht die Posaune zum Erzähler, mit einem Notentext, der etliches ausprobiert, von der Zwölftonmusik bis hin zum Jazz. Das Klavier unter- malt, kommentiert, merkt an – lebhaft, immer präsent. 

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