Mittwoch, 25. April 2018

Weichlein: Messen (Accent)

Wieder einmal präsentiert Gunar Letzbor Werke eines wenig bekann- ten österreichischen Komponisten: P. Romanus Weichlein (1652 bis 1706) war Benediktiner und gehörte dem Stift Lambach an. Er entstammte einer Linzer Musikerdynastie. Andreas Franz Weichlein, so sein Taufname, erhielt ersten Unterricht im Geigenspiel sowie am Clavier wahrscheinlich von seinem Vater, einem Organisten, sowie dem Lam- bacher Stiftsorganisten Benjamin Ludwig Ramhaufski. 1671 trat er als Novize in das Kloster ein. Er studierte Theologie und Philosophie in Salzburg, wo er möglicherweise auch Musikunterricht bei Heinrich Ignaz Franz Biber nahm. 
Nach seiner Priesterweihe 1678 war er als Gemeindepfarrer eingesetzt. 1687 wurde er Kaplan und Musikpräfekt im Salzburger Benediktinerin- nenstift Nonnberg; auf Bitten der Äbtissin wurde er 1691 in die neu gegründete Expositur Säben im Südtirol entsandt, wo er bis Januar 1705 tätig war. Dann kehrte er in sein Heimatkloster zurück. Doch schon nach einigen Wochen schickte man ihn wieder in den Pfarrdienst – nach Kleinfrauenhaid im Burgenland. Dort starb er 1706. 
Viel mehr ist über den Lebensweg von Pater Weichlein nicht bekannt. Letzbor wurde bei Recherchen auf den Komponisten aufmerksam, der nicht nur Kirchenmusik, sondern auch Werke für die Violine geschrieben hat. Für diese Einspielung allerdings stand der Geiger am Dirigentenpult; mit seinem Ensemble Ars Antiqua Austria und den St. Florianer Sängerknaben stellt er auf dieser Doppel-CD vor allem Messen von Romanus Weichlein vor. 
Letzbor will damit nicht nur auf ein Repertoire hinweisen, das seit dem Tode des Komponisten kaum noch aufgeführt worden sein dürfte. Er forscht zudem beständig nach, um herauszufinden, wie diese Musik einstmals geklungen haben könnte. Seine wichtigste Erkenntnis, die auch diese Aufnahme entscheidend geprägt hat: „Es verwundert mich seit langer Zeit, dass gerade berühmte Musiker aus der Alten Musik-Szene auf die Stimmen von Chorknaben bei der Aufführung kirchenmusika- lischer Werke vor Beethoven verzichten“, notierte der Musiker im Beiheft. 
Noch im 19. Jahrhundert habe es in Österreich erhebliche Widerstände gegen den Einsatz von Sängerinnen in der Kirchenmusik gegeben. Und auch wenn es verlockend erscheint – aber selbst größere Gruppen von Chorsängern lassen sich nicht einsetzen, wenn man den ursprünglichen Klang rekonstruieren möchte. 
Denn selbst an bedeutenden Kirchen standen nur kleine Besetzungen zur Verfügung: „Am Passauer Dom sangen beispielsweise lange Zeit nicht mehr als vier Knabensoprane Figuralmusik und noch weniger Knaben- altisten“, hat Letzbor festgestellt. „In kleineren Kirchenmusiken waren zwei bis drei Knaben eingestellt. In der vorliegenden Aufnahme haben wir die Sängerbesetzung also nochmals reduziert. Manche Knaben sangen nur bei Fortestellen im Tutti.“ 
Die St. Florianer Sängerknaben freilich bewältigen ihre Partien mühelos – der Chor beeindruckt seit Jahren, und selbst die jüngsten Mitwirkenden sind bereits hervorragend ausgebildet. Immer wieder fällt auf, wie viele schöne und gut geschulte Solostimmen aus dem Ensemble, das von Franz Farnberger geleitet wird, jederzeit hervortreten können. Ergänzt werden die jungen Sänger bei dieser Aufnahme durch Männerstimmen aus dem Kepler Konsort Linz bzw. dem Wiener Vokalensemble Nova. 
Bei der Missa Rectorum Cordium, sechsstimmig sowie mit Pauken, Trompeten und Posaunen, hat sich Letzbor allerdings nicht allein auf die Knabenstimmen verlassen. Auf CD 1 sind bei den Solopartien neben dem St. Florianer Sängerknaben Martin Wild der Sopranist Radu Marian und Alto Markus Forster zu hören. Insgesamt ist festzustellen, dass diese Auf- nahme Weichleins Werke gekonnt und in all ihrer Klangpracht vorstellt. Rundum erfreulich! 

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