Montag, 7. Mai 2018

Reutter: Arie & Sinfonie (Accent)

Johann Adam Joseph Karl Georg Reutter (1708 bis 1772) war offenbar ebenso fleißig wie begabt: Schon als 14jähriger vertrat er seinen Vater im Dienst – dieser war Dom- und Hoforganist in Wien, und man kann sich vorstellen, dass die Anforderun- gen, die der musikliebende und sachkundige Kaiser Karl VI. an seine Virtuosen stellte, nicht gerade gering waren. 
Dennoch befürwortete Hofkapell- meister Johann Joseph Fux (1660 bis 1741) die wiederholte Bewerbung des jungen Musikers um eine Hof- scholarenstelle nicht. Möglicherweise lag dies mit daran, dass Georg Reutter d.J. seinen Kompositionsunterricht beim Vizekapellmeister Antonio Caldara erhielt – und dass die ersten Werke, die der Bewerber bei Hofe vorgestellt hatte, dort mit großem Beifall bedacht worden waren. 
Wie auch immer - Reutter reiste 1729 erst einmal nach Italien. Nach seiner Rückkehr 1731 ernannte ihn der Kaiser zum Hofkomponisten. 1738 wurde der Musiker Amtsnachfolger seines Vaters, der mittlerweile zum Ersten Kapellmeister am Stephansdom aufgestiegen war. In dieser Position war er auch für die Sängerknaben verantwortlich. So holte Reutter Joseph Haydn nach Wien und sorgte für dessen musikalische Unterweisung. 
1740 wurde Reutter in den Adelsstand erhoben. 1746 machte Kaiserin Maria Theresia ihn zum Vize-Hofkapellmeister, sein Bereich war die Sakralmusik. Ab 1751 war Reutter faktisch für die gesamte Tafel-, Kammer- und Kirchenmusik zuständig, die er dazu unter abenteuerlichen Bedingungen pachten musste. Doch erst 1769 wurde er endlich Hofkapell- meister.  
Nach seinem Tode gelangte sein Nachlass über seinen Sohn, den Abt Marian, in das Archiv des Stiftes Heiligenkreuz. Auf dieser CD sind drei Werke aus diesen Beständen zu hören – eine Sinfonia in D-Dur, ein Concerto per il clarino sowie ein verträumter, fast schon klassisch schlichter Einzelsatz, der Pizzicato überschrieben ist. 
Komplettiert wird das Programm durch die Sinfonia in g-Moll aus La Betula Liberata, einer azione sacra, sowie durch ausgewählte Arien, die sich sämtlich dadurch auszeichnen, dass das Hackbrett bei der Begleitung der Singstimme einen wichtigen Part übernimmt. Das Salterio war damals groß in Mode, und am Wiener Hof gab es gleich zwei Virtuosen, die es exzellent spielten. Sängerin Olivia Vermeulen ist bei dieser Aufnahme im Dialog zu hören mit Elisabeth Seitz, die dieses in Vergessenheit geratene Instrument auf das Schönste wieder zum Erklingen bringt. Auch sonst ermuntert das Ensemble Nuovo Aspetto mit dieser CD zur Wieder- entdeckung eines Wiener Meisters, dem die Musikgeschichtsschreibung ziemlich übel mitgespielt hat. Die Aufnahme jedenfalls zeigt: Es lohnt sich! 

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