Mittwoch, 23. September 2009

Bach Concertos; Julia Fischer (Decca)


Diese CD lässt schon bei den ersten Takten aufhorchen: Mit soviel Schwung, Energie und Hingabe hat man Bach selten gehört. Bachs Doppelkonzert spielt Fischer gemeinsam mit Alexander Sitkovetsky, das Konzert für Oboe und Violine in c-moll mit Andrey Rubtsov. Das passt perfekt, wie schnell deutlich wird.
Denn diese Einspielung überzeugt vom ersten bis zum letzten Ton - durch ihre Frische ebenso wie durch das perfekte Zusammenspiel der Solisten und der Academy of St Martin in the Fields. Da wird nicht brilliert und brav begleitet, es wird gemeinsam musiziert, beinahe kammermusikalisch. 
Bachs Musik tut das erstaunlich gut. So werden Details hörbar, die zwar in der Partitur stehen, aber üblicherweise irgendwo im Mittelstimmen-Mulm versacken. Fischer setzt auf  Dynamik, und auf Klangfarben - schlank, klar und klug differenziert. Von dieser jungen Musikerin wird man noch viel hören; mit ihrer Virtuosität und Intelligenz kann sie schon heute den Großen ihres Faches durchaus das Wasser reichen.

Samstag, 19. September 2009

Johann Adolf Hasse: Miserere / Salve Regina / Te Deum (Berlin Classics)


Hasse gehörte zu den Stars des 18. Jahrhunderts. Heute sind seine Werke nahezu vergessen - zu unrecht, wie die vorliegende CD beweist. Diese Musik ist wunderbar. Einmal mehr zeigt Ludwig Güttler mit seinen "Virtuosi Saxoniae", dass in den europäischen Archiven noch viele Schätze schlummern, deren Wiederentdeckung lohnt. Das "Salve Regina" beispielsweise ist überaus anspruchsvoll. Die Altistin Elisabeth Wilke aber hat an den hohen Anforderungen hörbar Vergnügen. Auch Katherina Müller, Ulrike Staude, Gerald Hupach und Wolf Matthias Friedrich sowie das Ensemble "Ars Vocalis", bestehend aus Mitgliedern des Chores der Semperoper Dresden, musizieren engagiert und klangschön. Eine Aufnahme, die man nur empfehlen kann.

Freitag, 11. September 2009

Händel: Arien; Danielle de Niese (Decca)

Die australische Sopranistin Danielle de Niese hat für ihr Album "starke Heldinnen" ausgesucht und "intelligente Charaktere". Zu ihrer Persönlicheit dürfte dies ohne Zweifel passen. Zur Stimme der jungen Sängerin, einem lyrischen Sopran reinsten Wassers, passt dies aber leider meistens nicht. Sehr hübsch gelingen ihr die Arien aus "Apolle e Dafne", "Armadigi di Gaula" und "Semele". Doch Partien wie Medea, Armida oder Cleopatra brauchen mehr Volumen, als ihr derzeit zur Verfügung steht. Die Sängerin versucht, das über Vibrato auszugleichen - zum Teil sogar in den Koloraturen, die dadurch unsauber und verwischt klingen.  Das ist kein Hörvergnügen - auch Les Arts Florissants können mit ihrer perfekten Begleitung da nichts retten.

Händel: Die Klaviersuiten; Ragna Schirmer (Berlin Classics)

"Man muß lernen, was zu lernen ist, und dann seinen eigenen Weg gehen." Was seinerzeit Georg Friedrich Händel, geboren in Halle/Saale, anmerkte, das hat Berlin Classics sinnigerweise, sozusagen als Geleitwort, diesen drei CD vorangestellt. "Ich bin mit Bach großgeworden und habe dreimal erfolgreich am Bach-Wettbewerb teilgenommen", berichtet Ragna Schirmer. "Die Stimmführung, die Perfektion der horizontalen Linien wie der vertikalen Struktur ist bei Bach einzigartig. Demzufolge beziffert und notiert er seine Werke mit absoluter Genauigkeit." Händel hingegen, als Virtuose ebenso erfolgreich wie als Komponist und als Geschäftsmann, hat oftmals nur Skizzen hinterlassen. Ragna Schirmer hat sie mit Leben erfüllt - und wie! Sie spielt die "Suites de Pièces pour le Clavecin", geschrieben also eigentlich für Cembalo, auf einem modernen Konzertflügel. Und sie nutzt dessen Klangmöglichkeiten aus, keine Frage. Dennoch wird sie mit ihrer Interpretation Händel rundum gerecht; der Altmeister wäre mit der Pianistin, die Halle zu ihrer Wahlheimat erkoren hat, wahrscheinlich sehr zufrieden gewesen. Schirmer hat über jedes einzelne Stück offenbar lange nachgedacht - und schließlich Interpretationen gefunden, die überzeugen. Sie kommen sehr schlicht daher, ohne gefälligen romantischen Puderzucker, sehr geradlinig und auf den Punkt. Das Wunder geschieht: Diese Musik atmet. Und sie ist von einer Leichtigkeit und Heiterkeit, die begeistert. Für diese geballte Ladung Allemanden, Sarabanden, Couranten und Menuette, geschrieben wohl oftmals als Übungsstücke für Klavierschüler, ist das eine ganze Menge.

Donnerstag, 10. September 2009

Mozart: The Violin Concertos; Giuliano Carmignola (Deutsche Grammophon)

Drei Jahre lang konzertierten Claudio Abbado, Giuliano Carmignola und das Mozart-Orchester - und nun haben sie Mozarts Violinkonzerte sowie die "Sinfonia Concertante" auch für die Deutsche Grammophon eingespielt. Das muss sehr viel Arbeit gemacht haben, denn diese Aufnahme ist dynamisch außerordentlich differenziert. Man könnte sie allerdings auch als maniriert bezeichnen, zumal fast durchweg überaus rasante Tempi gewählt werden. Mozart im Schnellzug, Akzentchen hier, niedliches kleines Echo da - mein Fall ist das nicht.

Heinrich Schütz: Musikalische Exequien; Schütz-Akademie (Berlin Classics)

"Nacket bin ich vom Mutterleibe kommen, nacket werde ich dahinfahren", wusste Heinrich Reuß Posthumus, Herrscher in dem thüringischen Provinzstädtchen Gera nebst Umgebung. Mehrmal hatte der Dreißigjährige Krieg sein Ländchen gestreift; dass alles Irdische vergänglich ist, das hatten die Menschen damals täglich vor Augen. Und den Tod auch. Mit eigener Hand notierte Heinrich jene Bibelsprüche, die er auf seinen Sarg gemalt haben wollte - und von dem damals weithin berühmten Heinrich Schütz, geboren im benachbarten Bad Köstritz, und seinem Landesherrn lebenslang eng verbunden, wünschte er sich obendrein eine Vertonung, als Trauermusik. Die Schütz-Akademie, ein loser Zusammenschluss von Musikern, die sich vor allem der Musik von Komponisten aus Mitteldeutschland verschrieben haben, hat unter der Leitung von Howard Arman die "Musikalischen Exequien" nebst weiteren zeitgenössischen Begräbnismusiken eingespielt. Eine Aufnahme von hoher Perfektion, man staunt - es ist, als ob die Engel selber singen...

Beethoven: Piano Concertos Nos. 2 & 4; Mikhail Pletnev (Deutsche Grammophon)

"Beethoven-Aufführungen wirken oft wie ein Mausoleum, ein monumentales Denkmal. Vermutlich behandelt man den Komponisten aus großer Ehrfurcht so, aber diese Haltung hat auch etwas Negatives", meint Mikhail Pletnev. Mit dem von ihm gegründeten Russischen Nationalorchester ging er daran, alle Sinfonien und Klavierkonzerte des Titanen einzuspielen. Und was hier zu hören ist, das überrascht. Zum einen deshalb, weil die Konzerte nicht pathetisch zelebriert werden, sondern klingen wie improvisiert - sie wirken frisch und lebendig. Auch faszinieren Pletnevs sangliche Gestaltung, und sein perfektes Zusammenspiel mit dem Orchester. So macht Beethoven Spaß - diese CD möchte man immer wieder hören...