Wer die neuesten Hits hören wollte, der setzte sich noch vor hundert Jahren ans Klavier. Heerscharen von Verlegern und Tonsetzern, Notenstechern und Druckern sorgten dafür, dass oft schon we- nige Tage nach glanzvollen Opern- premieren die schönsten Melodien daraus für das häusliche Musizie- ren verfügbar waren.
Ganze Stapel Variationen, Para- phrasen und Fantasien, von unterschiedlichstem Schwierig- keitsgrad und für die verschie- densten Besetzungen, zeigen bis heute deutlich, welche Werke einst zu den Favoriten gehörten - und welche Figuren beim Publikum beliebt waren.
Ganze Stapel Variationen, Para- phrasen und Fantasien, von unterschiedlichstem Schwierig- keitsgrad und für die verschie- densten Besetzungen, zeigen bis heute deutlich, welche Werke einst zu den Favoriten gehörten - und welche Figuren beim Publikum beliebt waren.
Die Pianistin Babette Dorn hat den Notenfundus nach dem Stichwort "Zauberflöte" durchforstet - und dabei einige erstaunliche Ent- deckungen gemacht, die sie auf dieser CD vorstellt. Sie beginnt mit einer Klavierbearbeitung der Ouvertüre durch Mozarts Schüler Johann Nepomuk Hummel, die dieser - weit über den üblichen Klavierauszug hinaus - offenbar für das Konzertpodium eingerichtet hat. Gleich im Anschluss spielt sie den ersten Satz, Allegro con brio, aus der Sonate B-Dur op. 47 Nr. 2 von Muzio Clementi. Der Hörer muss schmunzeln: Dort also hat sich Mozart ein Thema "entliehen", das er dann aber in seiner Ouvertüre gänzlich anders weiter verar- beitet hat als Clementi - dramatisch statt elegant, vorwärts drängend statt lediglich vorangestellt, beunruhigend und geheimnisvoll statt ausgefeilt und edel.
Die Fantaisie sur l'air Der Vogelfänger bin ich ja op. 97 von Ferdinand Ries erweist sich als hübsches Virtuosenstückchen. Es folgen Variationen über den Priestermarsch von Christian Gottlob Neefe, bei denen man sich fragt, ob das Stück tatsächlich so abgrund- tief langweilig ist, oder ob die Ursache dafür, dass die gut 14 Minuten schier endlos erscheinen, auch darin liegen könnte, dass Dorn hörbar keinen Zugang zu diesem Stück findet. Beethovens VII Variationen über Bei Männern welche Liebe fühlen jedenfalls liegen ihr besser - und doch hätte man sich auch hier mitunter mehr Konsequenz gewünscht, mehr Mut zur theatralischen Geste.
Johann Baptist Cramer lässt in seinen charmanten Variations sur un Air de la Flute enchantée noch einmal Papageno auftreten, in diesem Falle auf der Suche nach einem Mädchen oder Weibchen, virtuos - und mit einem Augenzwinkern.
In einem Sammelalbum des 19. Jahrhundert entdeckte Babette Dorn eine ausgesprochen attraktive Bearbeitung der letzten Szenen der Zauberflöte, von unbekannter, aber sicherer Hand arrangiert. In diesem Stück dürfen endlich auch einmal die beiden Bösewichter der Oper, die Königin der Nacht und ihr Gegenspieler, der Priesterkönig Sarastro, erscheinen. An dieser Ersteinspielung hat die Pianistin spürbar Vergnügen - als Höhepunkt der CD aber erscheint mir das letzte Stück, die Improvisation über Motive der Zauberflöte op. 51 von Josef Rheinberger. Der Romantiker galoppiert quer durch das Stück - und bringt es dabei gründlich durcheinander. So grüßt die Ouvertüre ganz zum Schluss; dafür eröffnen das Stück die drei Knaben, gemeinsam mit der Königin der Nacht. Dorn zelebriert "ihren" Rheinberger mit Begeisterung, wenn der geradezu anarchisch Themen und Motive miteinander verknüpft, chaotisch, lustvoll und mit einer gehörigen Portion Humor. Köstlich!
Auch wieder eine der CDs, die allein schon ihrer ausgesprochen originellen und liebevollen usammenstellung wegen einen Preis verdienten! Ich ärgere mich immer wieder über -zig CD-Neuerscheinungen mit völlig lieb- und gedankenlosen Zusammenstellungen, davon gibt es definitiv zu viele!
AntwortenLöschenSchön, dass Frau Dorn bei dieser CD hier sogar an den Clementi gedacht hat! Kann in dem Zusammenhang auch die nach gleichem Konzept zusammengestellten CD von Babette Dorn zu den Mozart-Opern "Figrao" und "Don Giovanni" nur wärmstens empfehlen!