"Beide, Orgel sowohl wie Orche- ster, sind Könige, oder vielmehr: eines ist Kaiser und eins ist Papst; beider Aufgaben sind verschieden, und beider Interessen sind zu um- fassend und zu abweichend von- einander, als dass sie miteinander vermischt werden könnten." Mit diesen Worten warnte Hector Ber- lioz 1844 in seinem Grand Traité d'instrumentation et d'orchestra- tion modernes vor dem Orgel- konzert.
Das erstaunt, denn sowohl bei Händel als auch bei Bach, Brixi oder Haydn harmonieren "Kaiser" und "Papst" bestens. Und die Orgeln von Aristide Cavaillé-Coll, die just zu diesem Zeitpunkt in Arbeit waren, luden geradezu dazu ein, ihren üppigen Klang mit einem Orchester zu kombinieren. Camille Saint-Saens, Alexandre Guilmant, Charles-Marie Widor und viele andere erprobten die neuartigen Möglichkeiten - und schufen teilweise grandiose Werke, die bis heute im Repertoire geblieben sind.
Josef Gabriel Rheinberger setzt in seinen beiden Orgelkonzerten die Königin der Instrumente wie ein Orchesterinstrument ein - ein ganz besonders prächtiges freilich, das die Palette der verfügbaren Klang- farben erheblich erweitert. Der Orchestersatz ist daher dicht mit der Orgel verwoben - das Konzert wird zur Orgelsinfonie. Rheinbergers Musik ist spannend, klangschön, und dabei erstaunlich innovativ - wie man ihn einen "Traditionalisten" schimpfen kann, das will sich mir nicht erschließen.
Und weil noch etwas Platz auf der CD blieb, wurden die Orgelkonzerte um ein weiteres Werk ergänzt, das dazu hervorragend passt. Im März 1882 bat ein befreundeter Kirchenmusiker Rheinberger um ein "paar Adagios für Violine und Orgel zum Gebrauch bei Kirchenproduktio- nen - an solche Sachen fehlt es." Rheinberger lieferte prompt - und bearbeitete gleich anschließend drei der Sechs Stücke für Violine und Orgel op. 150 für das Violoncello.
Auf dieser Super Audio CD werden seine Werke kongenial interpre- tiert. Das Musikkollegium Winterthur musiziert engagiert unter Leitung seines Chefdirigenten Douglas Boyd und gemeinsam mit dem Organisten Stefan Johannes Bleicher. Das Cellosolo spielt Cäcilia Chmel, die Solocellistin des Musikkollegiums. Er erklingt die Riepp-Walcker-Orgel der Stadtkirche Winterthur - und auch sie passt ganz hervorragend zu dieser Art von Musik. Kurz und gut: Die Aufnahmen sind vom ersten bis zum letzten Ton ein Vergnügen. Bravi.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen