Haydn wurde schon am Hofe Ester- házy "Papa Haydn" genannt. Dieser Spitzname war zunächst eher eine Art Ehrentitel; auch die Wiener riefen Haydn so heraus, um ihn zu feiern. Doch dann wurde der Kom- ponist Gegenstand der Musikge- schichtsschreibung. Musikhistori- ker würdigten ihn als Vater des Streichquartettes, Vater der Sinfo- nie und als Vater der klassischen Sonate - und allmählich bekam der einstige Ehrentitel einen eher ne- gativen Beiklang.
Denn im Laufe der Jahrhunderte änderten sich Rollenmuster: Ein Vater, das war einmal eine strenge Figur, die strikt auf der Einhaltung von Regeln beharrte. Als dann die Regeln niemanden mehr interes- sierten, wurde zwangsläufig auch der Vater zur Witzfigur - ein Kon- zept aus der Vergangenheit, verstaubt und überflüssig.
Haydn hätte darüber vermutlich den Kopf geschüttelt, und sich wieder seiner Musik zugewandt - freundlich, aufmerksam und fleißig. Der Komponist war ein frommer Katholik; es ist überliefert, dass er gerne zum Rosenkranz griff, wenn seine Arbeit stockte. Seine erste Messe schrieb er bereits als Chorbube am Wiener Stephansdom. Seine Brötchengeber legten später mehr Wert auf weltliche Klänge, also lieferte er vorwiegend Instrumentalwerke und Opern. Als die Familie Esterházy in den 1790er Jahren alljährlich eine Messe bestellte, schuf er Werke, die beim Kirchenvolk allerdings einige Entrüstung hervor- riefen - sie waren den Leuten zu fröhlich, zu lebhaft und zu wenig erbaulich.
Der berühmte New Yorker Trinity Choir hat nun gemeinsam mit dem Rebel Baroque Orchestra unter J. Owen Burdick und Jane Glover für Naxos erstmals die zwölf vollständig erhaltenen Messen plus Stabat Mater eingespielt. Die Aufnahmen sind in den Jahren 2001 bis 2008 entstanden; es ist nachzuvollziehen, dass sich ein Ensemble über einen derart langen Zeitraum entwickelt und verändert. Insofern ist auch die musikalische Qualität der einzelnen Aufnahmen unterschied- lich. Insgesamt ist aber festzustellen, dass die Interpretationen flott, spannungsreich und energisch klingen. So munter und staubfrei ist Haydn selten zu hören.
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