August Klughardt (1847 bis 1902), geboren in Köthen, besuchte in Dessau das Gymnasium, und er- hielt 1882 als Nachfolger seines Lehrers Eduard Thiele dort das Amt des Hofkapellmeisters. Detailliert findet sich Klughardts Biographie in einem früheren Blog-Beitrag; es sei nur daran erinnert, dass er 1873 in Weimar Wagner kennengelernt und 1876 die ersten Bayreuther Festspiele besucht hatte. Dieses Erlebnis beeindruckte Klughardt sehr. Schon sein Vor- gänger Thiele brachte Wagners Opern auf die Bühne; und im Orche- ster der ersten Bayreuther Festspiele saßen zwölf Musiker aus seiner Hofkapelle. So war es ein Dessauer Hornist, der als erster den Sieg- fried-Ruf blies. Klughardt setzte diese Tradition fort. 1893 fand in Dessau die erste vollständige Aufführung des Rings des Nibelungen statt - was der Residenzstadt endgültig den Ruf eintrug, das "Bayreuth des Nordens" zu sein.
Klughardt war aber nicht nur ein renommierter Kapellmeister, son- dern auch ein bekannter Komponist, dessen Werke nicht nur in Dessau erklangen. Er schuf vier Opern, zwei Oratorien, fünf Sinfonien sowie eine Reihe kleinerer Orchesterwerke, Kammermusik und Lieder. Das Dessauer Orchester - seit 1992 führt es den Namen Anhaltische Philharmonie Dessau - hat nun bei cpo zwei seiner Werke eingespielt: Die dritte Sinfonie in D-Dur, op. 37, und das Violinkonzert op. 68.
Klughardts dritte Sinfonie ist bereits 1879 in Neustrelitz entstanden, sie wurde aber in Dessau oft aufgeführt. Sie erklang zudem in Dresden, dirigiert von Schuch, in Berlin, Rostock, Magdeburg, Jena, Riga, Kassel, Amsterdam, Leipzig, Hamburg, Innsbruck, Sondershausen, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Wien, München und in vielen anderen Städten - und wurde von Kritik und Publikum offenbar in trauter Eintracht gefeiert. Sie ist ein heiteres, ziemlich beschwingtes Werk, das auch den Musikern Freude bereiten dürfte. Danach jedenfalls klingt diese Aufnahme, die die Dessauer unter Golo Berg eingespielt haben. Die Solistin in Klughardts Violinkonzert ist Mirjam Tschopp. Die Zürcherin konzertiert auf Violine und Viola gleichermaßen, engagiert sich sehr für zeitgenössische Musik und ist zudem bekannt als passionierte Kammermusikerin.
Das Violinkonzert erscheint als ein Ringen freudiger Abschnitte mit einem an einen Trauermarsch erinnernden Schicksalsmotiv, das immer wieder erklingt, und mitunter ziemlich dominant wird. Selbst im Finale, das vor Lebenslust strotzt, bringt es sich noch einmal, wie ein fernes Echo, in Erinnerung. Solist und Orchester musizieren überwiegend miteinander; es gibt keine großartige Kadenz, und keine ausgedehnten Orchesterpassagen. Das Konzert ist Beethoven näher als Wagner, und es ist nicht recht nachvollziehbar, warum es derart in Vergessenheit geraten konnte. Tschopp jedenfalls lässt erahnen, warum Geiger wie der Franzose Joseph Debroux oder Karl Prill, zu Klughardts Zeiten Konzertmeister des Leipziger Gewandhausorche- sters, dieses Werk sehr schätzten und gern spielten.
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