Samstag, 6. August 2011

Reichenauer: Concertos II (Supraphon)

Zu den Werken, die in dem legen- dären Schrank II der Dresdner Hofkapelle überliefert sind, gehö- ren jene von Antonín Reichenauer. Sie befinden sich dort in erfreulich großer Zahl, einige sogar in Form der autographen Partitur - was umso wertvoller ist, weil Komposi- tionen von ihm ansonsten wohl nur noch im bayerischen Wiesentheid erhalten sind. Dort handelt es sich um Werke für Violoncello - was nicht verwundert, denn Graf Ru- dolf Franz Erwein von Schönborn-Wiesentheid, der die Noten einst zusammengetragen hat, gilt als leidenschaftlicher Cellist. In der sächsischen Landeshauptstadt hin- gegen umfasst der Bestand überwiegend Konzerte für Blasinstrumen- te.
Wie sie dort hingekommen sind, das gehört zu den vielen Rätseln um Reichenauer. Bekannt ist, dass der Musiker 
zu der berühmten Kapelle des Grafen Wenzel Morzin gehörte. Vivaldi war dort Titular-Kapell- meister; er schrieb Konzerte für die Musiker Morzins, die er in der entsprechenden Widmung als Virtuosissima Orchestra bezeichnete - unter anderem die berühmten Vier Jahreszeiten.  
1721 engagierte der Graf Johann Friedrich Fasch als Hauskompo- nisten. Reichenauer wurde sein Nachfolger, und wirkte in der Kapelle nachweislich bis 1729. 1730 ging Reichenauer als Pfarrorganist nach Neuhaus in Südböhmen; dort starb er einen knappen Monat später, erst 34 Jahre alt.  
Diese CD enthält vier Konzerte für unterschiedliche Besetzungen, sowie eine Sonate für zwei Trompeten, Pauke, Cello, Streicher und Basso continuo und eine Ouvertüre für zwei Oboen, Fagott, Streicher und Basso continuo. Abgesehen von dem Violinkonzert, das in seiner mangelnden Eleganz wohl eher nicht von Reichenauer stammen wird, zeigen all diese Werke deutlich, dass der Komponist mit den neuesten Trends der europäischen Musik bestens vertraut war, und sie kreativ umzusetzen wusste. Egal, ob das gräfliche Solo-Cello eingebunden werden musste, oder die Oboen, damals noch ziemlich neu und "in", gebührend zur Geltung kommen sollten - Reichenauer wusste die Erwartungen seiner Auftraggeber ganz offensichtlich zu erfüllen.  
Umso mehr freut man sich, dass diese schönen Stücke nun wieder erklingen. Zu hören ist auf dieser CD das Ensemble Musica Florea auf zeitgenössischen Instrumenten, geleitet von dem Dirigenten und Cellisten Marel Stryncl, der es sich natürlich nicht nehmen lässt, auch die Cello-Soli zu spielen. Als Solisten fungieren zudem Luise Haugk und Petra Ambrosi, Barockoboe, Krystof Lada, Fagott, Jana Chytilo- vá, Barockvioline, Marek Spelina, Querflöte, sowie Karel Mnuk und Josef Sadlícek, Barocktrompete, und Pavel Svejkovský, Pauken. 

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