Sonntag, 13. November 2011

Pignolet de Montéclair: Six Concerts à deux Flutes Traversières sans Basses (Ramée)

Michel Pignolet de Montéclair (1667 bis 1737) stammt aus der Stadt Andelot, die von der gewaltigen Festung Montéclair beherrscht wurde, bis beide im Dreißigjährigen Krieg verwüstet wurden. Als der kleine Michel dort als Sohn eines Webers aufwuchs, waren davon allenfalls einige Mauerreste übrig.
Als Achtjähriger wurde Michel Pignolet Chorknabe an der Kathe- drale von Langres. 1686 beendete er seine Ausbildung an dieser Domschule. Mit seinem Zeugnis, neuen Kleidern und 60 Livres ging er ein Jahr später nach Paris, wo er 1695 unter dem Namen Montéclair als "Tanz- und Musikmeister dritter Klasse" im Steuerregister eine Spur hinterlassen hat. Auch in den Katalogen der Musikverleger ist sein Name nun zu finden. 
Im Dienst Karl-Heinrichs von Lothringen-Vaudémont, Fürst von Commercy und Gouverneur von Mailand, verbrachte der Musiker offenbar einige Zeit in Italien. 1699 wurde er als Bassviolinist in das Orchester der Académie Royale de Musique aufgenommen. Er setzte sich erfolgreich dafür ein, dass der Kontrabass in dieses Orchester integriert wurde, und spielte das Instrument dann wohl auch selbst. In seiner freien Zeit unterrichtete Montéclair, und schrieb vier Lehrbücher. Zu seinen Schülern gehörte unter anderem eine Tochter von Francois Couperin.
Leider sind nur sehr wenige Werke von Montéclair überliefert. Dazu gehören auch die Sechs Konzerte für zwei Traversflöten ohne Generalbass, die Marie-Céline Labbé und Marion Treufel-Franck auf der vorliegenden Doppel-CD erstmals eingespielt haben. Damit ist Rainer Arndt mit seinem Label Ramée einmal mehr eine Entdeckung gelungen, die er dem Publikum wie gewohnt mit großer Sorgfalt präsentiert. Das beginnt bei der exquisiten Aufnahme, und endet mit dem umfangreichen, wie immer hervorragend gestalteten und aus- gesprochen informativen Beiheft. 
Die Konzerte für zwei Traversflöten bestehen jeweils aus einer Folge kurzer Stücke, meist Tanzsätze, die den beiden Solisten in erster Linie Gelegenheit zum spielerischen musikalischen Dialog bietet. Die bei- den Flötistinnen sind seit vielen Jahren eng befreundet, und haben sich mit Montéclairs Konzerten lange und gründlich beschäftigt. "Die Liebe, die wir beide für dieses Werk empfinden, ist in gleichem Maße gewachsen wie unsere musikalische Verbundenheit, und so war die Wahl des Repertoires für diese erste Einspielung als Duett die selbst- verständlichste Sache der Welt", schreiben die Musikerinnen im Beiheft. Der Zuhörer darf sich darüber freuen, denn die beiden Damen harmonieren wunderbar miteinander, und spielen wie aus einem Gedanken.
Es erklingen Traversflöten aus der Werkstatt von Rudolf Tutz, Inns- bruck, nach einem Vorbild, das der Flötenbauer Jean Hyacinthe Rottenburgh um 1730 in Brüssel geschaffen hat. Der herrliche Klang dieser Instrumente macht das Hörvergnügen vollkommen - und diese CD zu einer meiner Lieblingsaufnahmen. Unbedingt anhören, es lohnt sich! 

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