Im Zuge der Reformation entstand auch eine protestantische Kirchen- musik. Zwar bemühte sich die katholische Kirche, mit dem Konzil von Trient einige der Missstände abzustellen, die zur Spaltung der Kirche geführt hatten. Doch die Reformation war damit nicht mehr zu stoppen.
Zu den Streitpunkten gehörte auch das Musizieren in der Kirche. Die Entwicklung der (katholischen) Kirchenmusik missfiel selbst dem Klerus. So ließ am Karfreitag 1555 der frisch gewählte Papst Marcellus die Sänger seiner Cappella Sistina kommen, und rügte sie scharf, weil ihm die Musik zu festlich für einen Trauertag war. Er forderte von seinen Sängern zudem, sie sollen zukünftig die Musik so vortragen, dass auch ihr Text verständlich sei.
Einer der Sänger, Giovanni Pierluigi da Palestrina, nahm diesen Tadel zum Anlass, die Missa Papae Marcelli zu komponieren. Damit, so be- richtet die Legende, habe der Musiker im übrigen auch die Konzils- väter besänftigt und davon abgehalten, die Kirchenmusik strengen Regeln zu unterwerfen.
Martin Luther forderte, Kirchenmusik habe für jedermann verständ- lich zu sein - und schuf auch gleich beispielhafte neue Kirchenlieder und damit Modelle, denen seine Glaubensgenossen nacheiferten. Doch selbst dort, wo die Vokalmusik wieder komplex wurde - man denke etwa an Bach oder Schütz -, blieb ihr wichtigstes Ziel die Auslegung des jeweiligen Textes, eine Art erweiterte Predigt mit musikalischen Mitteln.
Musiker bewegten sich in jener Zeit oftmals zwischen Reformation und Gegenreformation. Als Lehrer wählten sie sich Vorbilder, die quasi überkonfessionell wirkten. Außerdem wechselten sie mit den Dienstherren häufig auch das Bekenntnis, für das es zu komponieren galt. Aus dieser Tatsache entstand das Konzept für die vorliegende CD: Das Berliner Ensemble Opus Vocale stellt Palestrinas Missa Papae Marcelli neben berühmte Chorsätze protestantischer Provenienz - und der Hörer wird erstaunt feststellen, dass die Differenzen in der Tat gar nicht so groß sind.
Es erklingen Werke von Johannes Eccard (1553 bis 1611), Leonhard Schröter (1532 bis 1601), Michael Praetorius (1571 bis 1621), Hieronymus Praetorius (1560 bis 1629), Samuel Scheidt (1587 bis 1654) - und natürlich muss das berühmte O Jesulein süß auch in dem Chorsatz von Johann Sebastian Bach zelebriert werden, auch wenn das zeitlich ein bisschen aus dem ansonsten gewählten Rahmen fällt. Sämtliche Werke werden a cappella vorgetragen. Der Kammerchor Opus Vocale, geleitet von Volker Hedtfeld, singt perfekt - blitzsauber, immer harmonisch, agil und stilsicher. Eine tolle Aufnahme, die Weihnachtsfreude verbreitet.
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