"Es wird allerdings schade sein, dass wahrscheinlich wenige Pia- nisten soviel Mut haben werden, sie alle nacheinander zu spielen (sie dauern fast eine Dreiviertel Stunde), aber nur dann kann sich der Hörer die richtige Vorstellung davon machen, was ich dachte, denn diesmal bin ich nicht nur absoluter Musiker, sondern Poet." Das schrieb Antonín Dvorák einst über seinen Zyklus Poetické nála- dy, was korrekt als Poetische Stimmungen zu übersetzen wäre - und er erwies sich damit als Prophet. Denn in der Tat hört man seine Klangbilder selten; ab und an erklingt eines dieser Stücke als Zugabe am Rande eines Konzertes.
Claudia Schellenberger hat Dvoráks Werk nun bei Cavi Music vorge- legt. "Seine Orchesterwerke, Solokonzerte und die Kammermusik kenne und liebe ich seit vielen Jahren, so lag der Schritt nahe, mich intensiv seiner fast unbekannten Klaviermusik zu widmen", schreibt die Pianistin im Beiheft der CD. "Historisch gesehen stehen die Poeti- schen Stimmungsbilder in der Tradition von Mendelssohns Liedern ohne Worte, Griegs Lyrischen Stücken oder Schumanns Album- blättern." Sie sind aber weit expressiver, farbenreicher, orchestraler. Und auch wenn Dvorák gelegentlich folkloristische Motive verwen- det, so überschreitet seine Klangsprache romantische Konventionen.
Schellenberger spielt die 13 Klangbilder sensibel, aber zugleich auch effektvoll. Sie zeigt Sinn für die Balance zwischen der oftmals roman- tischen Szenerie, die Dvorák mit seiner Musik entwirft - und ihrer mitunter erstaunlich modernen Umsetzung. Eine sehr gelungene Einspielung, brava!
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