Leopold Godowsky (1870 bis 1938) war ein Wunderkind. Er spielte seine ersten Konzerte in einem Alter, in dem der Nach- wuchs heute üblicherweise damit beginnt, ein Instrument zu erler- nen. Doch mehr als zur Geige, an der er seine Ausbildung begann, fühlte er sich zum Klavier hinge- zogen.
Die Geschichte seiner Lehrzeit liest sich wie ein Abenteuerroman; nachdem Godowsky festgestellt hatte, dass er in Berlin nichts mehr lernen konnte, ging er 1884 nach Amerika, und konzertierte dort. Schließlich fand sich ein Mäzen, der ihm eine Ausbildung bei Liszt spendieren wollte. Doch als Godowsky noch nach Weimar unterwegs war, verstarb der berühmte Virtuose. So orientierte sich der junge Musiker neu, und studierte schließlich in Paris bei Camille Saint-Saens.
Es wird berichtet, dass sich Lehrer und Schüler fünf Jahre lang jeden Sonntag trafen, um einander vorzuspielen und über Musik zu disku- tieren. Saint-Saens soll so begeistert von seinem Schützling gewesen sein, dass er den Jungen sogar adoptieren wollte. Doch 1890 endete diese Lehrzeit. Denn Godowskys Mäzen Leon Saxe starb, und so kehrte der Musiker in die USA zurück. Dort heiratete er die Tochter seines Geldgebers, und gab Konzerte und Klavierunterricht. Godowsky galt als der beste Virtuose jener an großartigen Pianisten nicht gerade armen Zeit. Kollegen nannten ihn den Buddha des Klaviers, und sein Schüler Artur Rubinstein soll einmal gesagt haben, er würde 500 Jahre brauchen, um sich Godowskys Technik anzu- eignen.
Nach triumphalen Konzerterfolgen in Berlin und Wien, wo er zudem Professor am Konservatorium wurde, war der Pianist faktisch ein Weltstar. Doch seinen Ruhm konnte er nicht lange genießen. Beim Great Crash 1929 verlor der Musiker sein gesamtes Vermögen. Von diesem Schock erholte er sich nicht wieder, und einige Monate später erlitt er im Aufnahmestudio in London einen Schlaganfall. Damit war seine Karriere beendet.
Ivan Ilic hat nun bei Paraty Godowskys 22 Studien über Chopins Etüden eingespielt. Diese Stücke freilich wirken nicht so, als wären es Fingerübungen. Godowsky spielt mit Chopins Originalen - und macht Musik daraus, die so ähnlich klingt, aber ihre ganz eigenen Tücken hat.
Es gehört ein bisschen Wahnsinn dazu, seine Version vor Publikum aufzuführen. Dazu erzählt Ilic in den informativen Beiheft die nette Geschichte, er habe die Noten eines Tages einem Kollegen gezeigt. Der habe gesagt: "Das ist von Godowsky? Das sieht aber gar nicht so schwierig aus!" "Ich habe ihm dann gesagt, dass das Stück für die linke Hand allein ist", berichtet Ilic, "und da hat er große Augen bekommen."
Thank you for your interest in Godowsky's music. You do an excellent job condensing his life story into a more concise version.
AntwortenLöschenBy the way, the 'étude' I showed to a colleague was this one:
j.mp/g_18a
Regards,
Ivan