Wenn Musiker und Kritiker sich nicht mögen, dann kann das Folgen haben. Joseph Martin Kraus (1756 bis 1792) widmete Zwei neue ku- riose Minuetten dem Bach-Bio- graphen Johann Nikolaus Forkel, mit dem er einst aneinandergera- ten war. "Dass sich Dr. Forkel und Kraus immer im Streit miteinander befanden, ist in verschiedener Hinsicht bezeugt", berichtet Kraus-Biograph Samuel Silverstolpe, "und man besitzt im Manuskript zwei von Kraus komponierte und Herrn Forkel zugeeignete Menuette für Fortepiano, bei denen der altmodi- sche Stil und die Kombination aller möglichen harmonischen Gebre- chen auf etwas mehr als einen Scherz hindeuten."
Warum Kraus den Beinamen "schwedischer Mozart" erhielt, wird dem Hörer dieser CD ein Rätsel bleiben. Der Sohn eines kurmainzischen Beamten lernte zunächst an der Lateinschule in Buchen, und dann am Jesuitengymnasium in Mannheim, wo er auch das Musikseminar besuchte. Die Hofkapelle dort zählte damals zu den besten Europas; einen jungen Menschen, der sich für Musik begeisterte, dürfte das nachhaltig beeindruckt haben. Und in der Tat schrieb sich Kraus 1773 zwar an der Universität - zunächst in Mainz, wenig später dann in Erfurt - ein, um brav Jura zu studieren. Doch scheint er dort mehr von Bachs letztem Schüler Johann Christian Kittel als von seinen Professoren gelernt zu haben.
Von Erfurt aus soll er zudem Wilhelm Friedemann Bach in Magdeburg und Carl Philipp Emanuel Bach in Hamburg besucht haben. 1776 ging Kraus nach Göttingen, um dort sein Jura-Studium fortzusetzen.
1778 reiste der Komponist nach Schweden, um sich dort am Hofe des Königs Gustav III. um eine Anstellung zu bewerben. Diese erhielt er jedoch erst 1781, als er nach dem Erfolg einer Oper zum Kapell- meister ernannt wurde. Er bekam vom König ein Jahresgehalt von 300 Dukaten - und wurde von ihm auf eine Studienreise geschickt, die den jungen Komponisten über Dresden und Wien bis nach Italien führte. Dort traf er auf seinen König, und er reiste weiter nach Paris, wo Kraus fast zwei Jahre blieb.
Als er schließlich 1786 nach Stockholm zurückkehrte, fand er sich durch Abbé Vogler ersetzt. Der König löste dieses Problem, indem er Kraus zum Direktor der Königlichen Musikakademie ernannte. Dem Komponisten gelang es, sich in Schweden zu etablieren. Das zeigt sich auch daran, dass er 1792 nach dem Attentat auf den König, der einem Anschlag während eines Maskenballes zum Opfer fiel, Trauersinfonie und Begräbniskantate für Gustav III. komponierte. Im Dezember desselben Jahres starb auch der Musiker, an Lungentuberkulose.
Er hinterließ ein erstaunlich umfangreiches Werk, allerdings waren nur wenige seiner Stücke für Tasteninstrumente bestimmt. Christian Brembeck hat Kraus' Klavierwerke für Musicaphon eingespielt. Für die Sonaten in Es-Dur und in E-Dur, ein Rondo in F-Dur und ein Larghetto in G-Dur wählte er ein Instrument, das dem Charakter dieser Werke eher betont, weil es den Unterschied zu den Sonaten Mozarts sehr deutlich werden lässt: Er spielt einen Nachbau von Mozarts Hammerflügel - im Original von Anton Walter, hier von Eckehart Merzdorf, Remchingen. Aus seiner Werkstatt stammt auch die Kopie eines Clavichords von Johann Christoph Fleischer. Auf diesem Instrument, das vergleichsweise flüsterleise und intim klingt, spielt Brembeck Scherzo con variationi in C-Dur, die Minuetten und Svensk Dans.
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