Mittwoch, 6. Juni 2012

Sacred Music by Johann Kuhnau (Helios)

"Ich weiß nicht, ob er dem Orden der Tonkünstler oder den anderen Gelehrten mehr Ehre gebracht", schrieb Johann Christoph Ade- lung, Bibliothekar des Kurfürsten Friedrich August III., über Johann Kuhnau. "Er war gelehrt in der Gottesgelahrtheit, in den Rechten, Beredsamkeit, Dichtkunst, Mathe- matik, fremden Sprachen und Musik." 
Johann Kuhnau (1660 bis 1722) war der Sohn eines Tischlers aus Geising im Erzgebirge. Er begann seine musikalische Laufbahn als Chorknabe, was ihm zugleich den Besuch der Dresdner Kreuzschule ermöglichte. Als in der Landes- hauptstadt die Pest ausbrach, schickten ihn die Eltern nach Zittau, wo er am Johanneum seine Ausbildung fortsetzte, und bald auch Aufga- ben eines Kantors und Organisten übernahm. Als dort 1682 Johann Krieger ins Amt eingeführt wurde und dies seine Dienstpflichten wurden, ging Kuhnau nach Leipzig.
Dort studierte er Jura, und erwarb sich nebenher einen exzellenten Ruf als Musiker. So komponierte er 1683 ein aufwendiges dramma per musica, das zur Begrüßung des von der Türkenschlacht in Wien heimgekehrten Kurfürsten unter freiem Himmel aufgeführt wurde. 1684 erhielt Kuhnau eine Anstellung als Organist an der Thomas- kirche. 1701 wurde er schließlich als Nachfolger von Johann Schelle Thomaskantor.
Bekannt ist er in erster Linie als Vorgänger Bachs - und für seine Klaviermusik, beispielsweise die Clavier-Übung, zweimal sieben Partitas, komponiert für den geübten Musiker, um "auch den von anderen Studien ermüdeten Geist" zu "erfrischen" - ganz ähnlich, wie Bach es später formulieren sollte. In seinem Amt als Thomaskantor hatte Kuhnau so manchen Strauß mit dem Studenten Georg Philipp Telemann auszufechten, der sich in das Leipziger Musikleben nicht nur mit Lust und Leidenschaft, sondern offenbar auch mit einem gewissen Geltungsbedürfnis einbrachte. Leider prägte dies das Bild Kuhnaus, wie der Musiker das eigentlich nicht verdient hat.
Denn gerade die geistlichen Vokalwerke, die The King's Consort unter Robert King auf dieser CD vorstellt, verweisen uns auf seine enorme Bedeutung als Komponist einer Übergangszeit. Musik galt damals noch als mathematische Kunst; sie spiegelte Affekte, und zwar auf einer eher abstrakten Ebene, und nicht Befindlichkeiten. Und weil Kirchenmusik die Gläubigen erquicken und erbauen, aber auch unterweisen sollte, wurde zu Kuhnaus Zeiten höchster Wert auf den Text, auf seine Auswahl und Auslegung mit den Mitteln der Musik, gelegt. 
Das zeigt sich, bei aller musikalischen Brillanz, auch bei dieser CD, der man zudem begeistert lauscht, weil die Aufnahmen mit The King's Consort außerordentlich gelungen und ausdrucksstark sind. Die Sänger und Musiker machen deutlich, wie stark Kuhnaus geistliche Werke rhetorisch geprägt sind - ganz im Sinne jener großen Traditio- nen, die der Thomaskantor in seinen Jugendjahren in Dresden ken- nengelernt haben wird. 
Kuhnau ist das Bindeglied zwischen Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach. Zu seinen Schülern gehören zudem Johann Friedrich Fasch, Christoph Graupner und Johann David Heinichen. Händel und Mattheson kannten und schätzten seine Klavierwerke. Und selbst Telemann bekannte später, dass er den Kontrapunkt durch das Stu- dium von Kompositionen Kuhnaus gelernt habe. 

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