Mittwoch, 18. Juli 2012

Toch: Bunte Suite (Crystal Classics)

Er sei "the world's most forgotten composer of the 20th century", klagte Ernst Toch (1887 bis 1964) in den 60er Jahren. Da hatte er bereits einen Pulitzer-Preis und den Grammy-Award sowie das Bundesverdienstkreuz erhalten. Doch trotz aller Anerkennung scheint er unter dem Exil sehr gelitten zu haben.
Der Komponist stammte aus Wien; er studierte Medizin und Philoso- phie in Wien und Heidelberg. Parallel dazu begann er zu komponie- ren. Als er für seine Kammersinfonie in F-Dur den Mozartpreis der Stadt Frankfurt erhielt, beschloss er, sich hauptberuflich der Musik zu widmen. Er studierte Klavier und Komposition. 1910 wurde er mit dem Mendelssohn-Preis ausgezeichnet. Ab 1913 lehrte er an der Mu- sikhochschule in Mannheim, und mit seinen Werken war er zunächst sehr erfolgreich. 
1928 zog Toch nach Berlin um. 1933 nutzte der Komponist einen Aufenthalt in Florenz, um sich in Sicherheit zu bringen. Zunächst lebte er in Westeuropa; 1935 ging er in die USA, wo er sich in Kalifor- nien niederließ, und  seinen Lebensunterhalt mit Filmmusik verdien- te. Außerdem unterrichtete er als Professor an der University of Southern California sowie in Harvard. 
Auf dieser CD sind nun einige seiner Werke zu hören. Die Bunte Suite op. 48 schrieb Toch für den Rundfunk; sie erinnert an Werke der frühen sowjetischen Avantgarde. Die Variationen über Mozarts Unser dummer Pöbel meint KV 455 für Klavier und Orchester hin- gegen stammen vermutlich aus den 50er Jahren. Sie repräsentieren Tochs späte Schaffenszeit, in der sich der Komponist noch einmal seinen Wurzeln zuwandte. Mozart, in dem er ebenfalls einen Autodi- dakten sah, fühlte sich Toch offenbar nahe - auch wenn seine Klang- sprache relativ modern bleibt. Diese beiden Werke finden sich hier in Weltersteinspielungen, interpretiert von der Kammersymphonie Berlin und Pianistin Tatjana Blome.
Das dritte Stück auf der CD, das Konzert für Violoncello und Kammer- orchester op. 35, gehört zu jenen Werken, mit denen Toch zur Zeit der Weimarer Republik  für Furore sorgte. Es kombiniert Elemente, die aus der Wiener Spätromantik überkommen sind, mit Innovatio- nen aus den 20er Jahren. Dieser Herausforderung stellt sich der Cellist Peter Bruns gemeinsam mit dem Mendelssohn Kammerorche- ster Leipzig. Jürgen Bruns leitet beide Orchester. 

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