Wer die Posaune erfunden hat, und wo genau dieses Blasinstrument zum ersten Mal erklungen ist, das ist nicht bekannt. Doch mit ihrem repräsentablen Klang war sie be- reits zu Beginn des 16. Jahrhun- derts in Europa sowohl in den Städten als auch an den Höfen des Adels weit verbreitet. So bestellte Herzog Albrecht von Preußen aus Königsberg Mitte des 16. Jahrhun- derts bei dem Nürnberger Instru- mentenbauer Georg Neuschel offenbar nicht nur Trompeten. In dem Briefwechsel unterbreitet Neuschel das Angebot, "5 groß bussanen, da zue sammen steyen, das eyne Mittel bussanen, da man sonst auffs baß sezt ein discant ist machenn" - genau wie jene Instrumente, die er für "Churfurst am Reyn und herzog Ottheinrich Lantgraff, de(n) Kunig von Pollen, (und den) kunig von Engelland" angefertigt habe. Wie damals üblich, wur- den auch diese Instrumente in ganzen Familien gebaut - vom Piccolo bis zur Kontrabassposaune.
Im modernen Orchester spielen heute üblicherweise zwei Tenor- und eine Bassposaune. Doch Posaunen gab es in vielerlei Bauformen und erstaunlich vielen Stimmungen. Mit dem Interesse für "Alte" Musik verbunden war auch die Renaissance der historischen Instrumente. Auf dieser CD spielt Wim Becu eine Bassposaune nach Georg Nicolaus Öller, Stockholm 1640, die Ewald Meinl aus Geretsried 1994 ange- fertigt hat.
Die Klangfarben und technischen Möglichkeiten dieser "Trombone grande" präsentiert er mit seinem Ensemble Oltremontano anhand von Musik, wie sie um 1600 vor allem in Italien aufgeführt worden ist. Darunter ist La Hieronyma von Giovanni Martino Cesare, eines jener raren Solowerke des 17. Jahrhunderts, die ausdrücklich für Posaune komponiert wurden. Dieses Stück, geschrieben für Tenor- posaune, wurde hier um eine Quinte abwärts transponiert.
Zu hören sind selbstverständlich Werke von Girolamo Frescobaldi und Claudio Monteverdi, aber auch von weniger bekannten Kompo- nisten. Die CD zeigt zudem, dass italienische Musik in ganz Europa bekannt war und Musikern als Vorbild diente. So veröffentlichte Mikolaj Zielenski, Kapellmeister und Organist des polnischen Primas Wojciech Baranowski, seine Kompositionen in Venedig. Antonio de Cabezón war dem spanischen Königshaus verbunden. Und Cesare, der aus Udine stammte, wirkte in Günzburg und München.
Der niederländische Posaunist Wim Becu gehört ohne Zweifel zu den führenden Interpreten der historisch informierten Aufführungs- praxis. Insbesondere in den Solostücken zeigt er seine beeindrucken- de Virtuosität. Doch auch im Zusammenspiel mit seinen Musiker- kollegen, beispielsweise im Dialog mit Rainer Zipperling am Barock-Violoncello oder mit Doron David Sherwin am Zink, wird die beson- dere Qualität dieser Aufnahme hörbar. Ob weit gespannte sonore Klangbögen oder anspruchsvolle Verzierungen - dieses Ensemble bewältigt technische Herausforderungen jeglicher Art erfreulich locker. Diese CD lockt mit balsamischem Wohlklang, und man möchte sie immer wieder anhören.
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