Friedrich Wilhelm Zachow (1663 bis 1712) entstammte einer weitverzweigten mitteldeutschen Musikerfamilie. Geboren wurde er in Leipzig, wo er wohl auch die Lateinschule besuchte. 1675 nahm sein Vater, der Kunstgeiger Hein- rich Zachow, allerdings eine Stelle als Stadtpfeifer im nahegelegenen Eilenburg an.
Wir wissen nicht, wer Zachow unterwiesen hat - doch seine Ausbildung muss hervorragend gewesen sein, denn bereits 1684 wurde der junge Musiker zum Organisten der Hallenser Marienkirche gewählt. In diesem Amt war er nicht nur für das Orgelspiel, sondern auch für die Figuralmusik zuständig. In der Gemeinde muss man Zachow sehr geschätzt haben, denn er erhielt trotz seiner Jugend sehr bald ein ziemlich üppiges Gehalt. Zusätzliche Einnahmen brachten ihm seine Schüler. Der bekannteste von ihnen war Georg Friedrich Händel. Er wurde von Zachow im Clavier- und Orgelspiel sowie im Fach Komposition unterwiesen. Auch auf Geige und Oboe soll Händel Unterricht erhalten haben.
Es ist bekannt, dass Zachow eine umfangreiche Sammlung von Musikalien aufgebaut und zu Unterrichtszwecken verwendet hat. Auch davon hat Händel wohl sehr profitiert. Er äußerte sich stets respektvoll und dankbar über seinen Lehrer, und soll zudem nach Zachows Tod dessen Witwe mehr als einmal finanziell unterstützt haben.
Ludger Rémy, der sich seit vielen Jahren für vergessene mittel- deutsche Musik einsetzt und schon so manche Entdeckung vorgestellt hat, bringt gemeinsam mit der Sopranistin Constanze Backes, dem Kammerchor Capella Frisiae und den Instrumentalisten der Accade- mia Amsterdam auf dieser CD nun einige Werke Zachows wieder zum Klingen. Die vier Weihnachtskantaten erweisen sich als hörenswert. Es sind solide gearbeitete Kantaten - und sie stehen dem geistlichen Konzert eines Heinrich Schütz näher als den Kantaten der Bach-Zeit, obwohl die Chöre teilweise an die des frühen Bach erinnern. "Ik was getroffen door de unieke instrumentale bezetting van de kerkcanta- tes", begeistert sich Onno Verschoor, der Gründer und Leiter der Accademia Amsterdam, für Zachows Werke. "Heel bijzonder, nederig bijna, zijn ook de vocale solisten. Zij horen bij het koor. Zachow maakte er nog geen sterren van. Je hoort dat ook op deze cd: De solisten komen akoestisch uit de Capella Frisiae."
Um die Klangwelt, die Zachow seinerzeit in Halle an der Saale er- schaffen hat, für den modernen Hörer nachvollziehbar zu machen, haben sich die Musiker eine Orgel gesucht, die ähnlich klingt wie weiland jene in St. Marien. Gefunden haben sie dieses Instrument, erbaut von Arp Schnitger zwischen 1693 und 1712, in der Pelster- gasthuiskerk in Groningen. Es hat einen Stimmton von 465 Hertz - und schon dieser Chorton sorgt für einen charakteristischen Klang.
Auch die Tatsache, dass Zachow in der Figuralmusik auf die Stadtpfeifer und ihr Instrumentarium zurückgreifen musste, setzt interessante Akzente. So verwendet der Komponist in der Kantate Herr wenn ich nur Dich habe erstmals die Harfe als Soloinstrument. Überliefert wurde sie übrigens, weil Händel sie im Unterricht abge- schrieben hat.
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