Mit dieser CD präsentiert sich ein junger Musiker, der bereits zu einer Legende geworden ist. Denn er erhielt 2008 die Stelle des er- sten Konzertmeisters der Violon- celli an der Staatskapelle Dresden. Sie war zuvor mehr als zehn Jahre lang unbesetzt geblieben. Isang Enders wurde mit gerade einmal 20 Jahren Nachfolger von Jan Vogler, der die Stelle 1997 aufge- geben hatte, um sich ganz auf das solistische Konzertieren konzen- trieren zu können.
Enders vereint auf seiner CD Myrten und Rosen, deutsche Romantik und Moderne: Er spielt jeweils das komplette Werk für Violoncello und Klavier von Robert Schumann und Isang Yun - und es zeigt sich bald, dass diese Stücke einander näher sind, als 150 Jahre Musik- geschichte vermuten lassen.
Der deutsch-koreanische Komponist Isang Yun (1917 bis 1995) verknüpfte in seinen Werken asiatische Musiktraditionen mit den Experimenten der europäischen Avantgarde. Ebenso spektakulär wie seine Musik erscheint seine Biographie. Denn er wagte 1963 von Deutschland aus eine Reise nach Nordkorea - und wurde dafür 1967 vom südkoreanischen Geheimdienst nach Seoul entführt. Dort wurde Yun des Landesverrates angeklagt und zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Aufgrund internationaler Proteste wurde der Musiker 1969 freigelassen. Er kehrte nach Deutschland zurück, und wurde 1971 deutscher Staatsbürger.
"Robert Schumann und Isang Yun scheint wenig zu verbinden", schreibt Enders, der aus einer koreanisch-deutschen Musikerfamilie stammt. "Dennoch möchte ich sie in ihren verschiedenen Sprachen gemeinsam vorstellen, weil sich doch beide Komponisten dem Anspruch des Gesanglichen so sehr verpflichtet haben." Und so verknüpft der Cellist Espace I und Nore von Yun mit den Original- werken und Bearbeitungen, die Schumann geschaffen hat. Da wären zunächst die Fünf Stücke im Volkston op. 102. Schumann schrieb aber auch von Adagio und Allegro As-Dur op. 70 für Horn und Klavier, von den Fantasiestücken op. 73 für Klarinette und Klavier und vom Andante cantabile A-Dur aus dem Klavierquartett Es-Dur op. 47 Versionen für Violoncello. Es ist kaum zu glauben, aber dieses erklingt hier in Ersteinspielung.
Enders selbst übertrug Mit Myrten und Rosen aus dem Liederkreis nach Heinrich Heine op. 24 auf sein Instrument.
Am Klavier begleitet ihn Andreas Hering. Die beiden Musiker zeich- nen sich aus durch einen beherzten, eher männlich-herben als sentimentalischen Zugriff auf Schumanns Musik. Dabei widmen sie sich aber mit Sorgfalt den Details und Kontrasten; ihr Spiel wirkt erfrischend, und nicht etwa knallig-krawallig. Enders begeistert durch einen warmen, intensiven Celloton. Im Zusammenspiel mit Hering setzt er aber nicht nur auf Poesie. Er lässt auch ahnen, dass die Form Abgründe bändigt - die herrlichen Melodiebögen und die Sinnlichkeit sind gebunden an Melancholie.
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