Johann Adolph Hasse (1699 bis 1783) schrieb Didone abbando- nata 1742 anlässlich des Geburts- tages des polnischen Königs und sächsischen Kurfürsten August III. Die Oper erzählt die Geschichte der Didone, der verwitweten Königin von Karthago, die, von Enea ver- lassen und von dem afrikanischen König Iarba bedrängt, letztendlich in den Tod geht.
Das Werk ist insofern eine Rarität, als es auf das lieto fine, das für die Opera seria doch recht typisch ist, verzichtet - Textdichter Pietro Metastasio wagte sich hier einmal an einen tragischen Schluss.
Hasse war mit dem Dichter eng befreundet, und vertonte etliche seiner Libretti. Die beiden Künstler hatten sich in Italien kennen- und schätzengelernt, wo Hasse, der Sohn eines Organisten aus Bergedorf bei Hamburg, von 1722 bis 1725 bei Nicola Porpora und Alessandro Scarlatti seine musikalische Ausbildung vervollständigte. In Neapel begann dann Hasses Karriere als Opernkomponist, die ihn schließlich als Hofkapellmeister nach Dresden führte. In Neapel heiratete Hasse auch die Sängerin Faustina Bordoni.
Für diese Sopranistin, die in ganz Europa gefeiert wurde, komponierte Hasse die Partie der Didone - es ist also eine schwierige Aufgabe, die die junge Sängerin Theresa Holzhauser achtbar meistert. Valer Barna-Sabadus ist in der Rolle des Iarba zu hören. Der junge Countertenor hat die halsbrecherischen Koloraturen des afrikanischen Königs bereits auf seiner Solo-CD "Hasse reloaded" vorgetragen - hier singt er sie noch einmal, live, ebenso souverän und nun ergänzt auch um die Rezitative. Wie er in seiner letzten Arie buchstäblich in den Trümmern steht, siegreich, und doch statt eines Triumphgesanges ein Klagelied anstimmt, das ist großes Kino.
Die Partie des Enea übernahm Flavio Ferri-Benedetti, ebenfalls ein Countertenor. Dieser Held wird durch Hasses Musik entblättert, er erweist sich als ein Feigling und als eitler Gockel; der Sänger macht dies auch hörbar. Selene, die Schwester Didones, singt Magdalena Hinterdobler. Araspe, den Vertrauten Iarbas, singt Maria Celeng. Und als Osmida, Didones machtgieriger General, der zu Iarba überläuft, ist der Bariton Andreas Burkhart zu hören.
Lautes Gepolter erinnert den Zuschauer daran, dass es sich bei dieser Aufnahme um einen Live-Mitschnitt handelt. Die Inszenierung dürfte, wenn man die Bühnengeräusche recht interpretiert, wohl ziemlich bewegungsintensiv gewesen sein. Den Opernfreund wird das nicht weiter stören, denn Didone abbandonata war gut 240 Jahre lang überhaupt nicht auf der Bühne präsent. Und es war eine Hochschul- aufführung der Bayerischen Theaterakademie August Everding 2011 im Prinzregententheater München, der wir die Wiederentdeckung dieses Werkes verdanken. Insofern sind kleine Schwächen einiger Sänger absolut zu entschuldigen.
Begleitet werden die jungen Gesangssolisten durch die Hofkapelle München unter der Leitung von Michael Hofstetter. Den Einsatz des Orchesters kann man nicht genug loben - nicht nur, weil es phantas- tisch spielt. Rüdiger Lotter, der Konzertmeister dieses Ensembles, hatte die Oper aufgespürt, und die Hasse-Gesellschaft München war dabei behilflich, das Notenmaterial nach der Handschrift, die sich in Venedig befindet, für eine Aufführung verfügbar zu machen. Besten Dank dafür - und vielleicht inspiriert diese Einspielung ja dazu, auch die anderen Opern Hasses auf die eine oder andere Bühne zu bringen. Das wäre wirklich wünschenswert.
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