„Gustav Mahler empfiehlt Herrn Klemperer als einen hervorragend guten und trotz seiner Jugend schon sehr routinierten Musiker, der zur Dirigentenlaufbahn prä- destiniert ist. - Er verbürgt sich für den guten Ausfall eines Versuches mit ihm als Kapellmeister und ist gern bereit, persönlich nähere Auskunft über ihn zu erteilen.“ Die Karte mit dieser Empfehlung trug Otto Klemperer (1885 bis 1973) ein Leben lang bei sich.
Sein großes Talent fiel schon früh auf. Aus heutiger Sicht kann man sich so etwas für eine studentische Aushilfe kaum vorstellen – aber Klemperer dirigierte breits mit 21 Jahren mehr als fünfzig Mal Offenbachs Orpheus in der Unterwelt in der berühmten Inszenierung durch Max Reinhardt. 1907 spielte er dann Gustav Mahler aus einem selbst angefertigten Klavierauszug der Auferstehungssinfonie vor. Der Komponist zeigte sich begeistert – und Klemperer standen plötzlich alle Türen offen.
1933 floh er in die USA. Als er 1946 aus dem Exil zurückkehrte, konnte der Dirigent an seine frühen Erfolge nicht anknüpfen: Der maestro galt als schwierig, als unberechenbar und exzentrisch. Walter Legge gewann den 67jährigen schließlich für das Label EMI. Damit begann eine künstlerische Partnerschaft, der wir einige groß- artige Aufnahmen verdanken. Denn das Philharmonia Orchestra kam mit dem Dirigenten gut zurecht. „Seine Absicht war, die Wahrheit zu finden“, erinnert sich der Produzent. „Musikalität, Rhythmus, solider Klang, feste Tempi, genaue Notenwerte und texturelle Klarheit waren alles, was er verlangte.“
Das prägte auch Klemperers Mahler-Einspielungen. Man wisse, ur- teilte 1967 der Kritiker Ronald Crichton, was man erwarten könne: „big outlines, rock-like rhythms, structure before detail, no lingering by the wayside, no attempt to soften or blend the crystal-clear and often searing orchestration“.
Klemperers Mahler-Verehrung war jedoch höchst selektiv, wie seine Werkauswahl zeigt. An erster Stelle steht nicht nur in dieser CD-Box die Sinfonie Nr. 2, auch als Auferstehungssinfonie bekannt – hier zu hören mit Elisabeth Schwarzkopf und Hilde Rössl-Majdan. Elisabeth Schwarzkopf ist auch die Solistin in der Sinfonie Nr. 4. Die zweite CD enthält zudem eine Auswahl an Orchesterliedern in einer Aufnahme mit Christa Ludwig aus dem Jahre 1964.
Eingespielt hat Klemperer zudem 1968 Mahlers siebente und 1967 die neunte Sinfonie. Den Abschluss der Sechs-CD-Box macht Das Lied von der Erde mit Christa Ludwig und mit dem legendären Tenor Fritz Wunderlich. Allein diese Besetzung würde ausreichen, um die Auf- nahme zu einer Kostbarkeit zu machen.
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