Kann man die 24 Préludes op. 28 von Frédéric Chopin (1810 bis 1849), komponiert für das Klavier, auf der Orgel spielen? Diese Frage beantwor- tete schon Louis Lefébure-Wély (1817 bis 1869); der renommierte Organist spielte mehrere Werke Chopins während des Trauergottesdienstes für den verstorbenen Komponisten in der Pariser Kirche La Madeleine.
Gunther Rost stellt bei Oehms Clas- sics die kompletten Préludes in einer Version für Orgel vor. Er musiziert an der Orgel der Stiftsbasilika Kevelaer. Dieses Instrument wurde in den Jahren 1905 bis 1907 durch den Kölner Orgelbauer Ernst Seifert errichtet, sowie 1926 teilweise umgebaut und erweitert. Im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit schwer beschädigt, wird die Seifert-Orgel seit den 80er Jahren schrittweise wiederhergestellt. Sie verfügt heute über 135 Register und gehört damit bereits zu den größten Orgeln überhaupt. 14 weitere sollen noch eingebaut werden, um den Klang von 1926 zu rekonstruieren.
Gunther Rost hat Chopins Préludes auf dieses gigantische spätromantische Instrument übertragen, indem er – bei Beibehaltung des originalen Noten- textes – die Klangfarben der unterschiedlichen Register nutzt. Dabei agiert der Organist erstaunlich zurückhaltend, er meidet allzu kühne klangliche Experimente. Das Ergebnis vermag nicht durchweg zu überzeugen. Es hat spannende Momente. Aber man vermisst insgesamt die klare Diktion des Flügels, all die Akzente und Feinheiten. Die Orgel wirkt mitunter ziemlich schwerfällig, statt Regentropfen gibt's Klangbrei. Schade.
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