Arthur Schoonderwoerd ist ein Magier des Klanges, ein Besessener auf der Suche nach Perfektion und nach Wahrhaftigkeit. Nach den Klavierkonzerten hat er nun bei Accent auch die Klaviersonaten von Wolfgang Amadeus Mozart einge- spielt. Dabei hat er nicht nur ganz genau auf den Notentext geschaut; um herauszufinden, wie Mozart seine Werke wirklich gespielt haben wollte, hat der Musiker auch eine Vielzahl von historischen Quellen studiert, die Auskunft über die Aufführungspraxis der damaligen Zeit geben.
Das Ergebnis überrascht gleich mehrfach. Da wäre zum einen der unge- wohnte Klang, der sich daraus ergibt, dass Schoonderwoerd mit Akribie nach dem jeweils passenden Instrument gesucht hat. Zu Mozarts Leb- zeiten existierte eine ganze Schar von auch klanglich höchst verschiedenen Tasteninstrumenten. Das „Clavier“ erlebte damals eine rasante Fortent- wicklung, die vom Cembalo bis zum Flügel führte, an dem damals sehr unterschiedliche Konstruktionsprinzipien erprobt wurden. So wurden beispielsweise zum Anschlagen der Töne kleine Hämmerchen aus Holz benutzt – zunächst „nackt“, dann mit Leder bespannt, oder aber mit Filz. Selbst die Mechaniken unterscheiden sich sehr. Damit klingen die Instrumente nicht nur anders, sie bringen spieltechnisch zudem auch Stärken und Schwächen mit – was das Konzertieren auf historischen Tasteninstrumenten zu einer reizvollen, aber auch anspruchsvollen Aufgabe macht. Es gibt nicht sehr viele Solisten, die sich dieser Herausforderung mit Hingabe widmen. Schoonderwoerd demonstriert aber mit dieser Aufnahme, dass sich die sorgfältige Erkundung jener fernen Klangwelten lohnt.
Für die Werke Mozarts wählte er gleich vier Nachbauten historischer „Claviere“ aus. Zu hören ist auf CD 1 ein Tangentenflügel, angefertigt von William Jurgenson nach einem Instrument der Regensburger Klavierbauer Spaeth & Schmahl (um 1770). Von Jurgenson stammt auch der Nachbau eines unbelederten Hammerflügels nach einem Vorbild, das um 1780 in Augsburg in der Werkstatt von Johann Andreas Stein geschaffen worden ist. Es erklingen zudem ein bundfreies Clavichord, nach einem norddeut- schen Instrument (um 1780) gefertigt von Jorsi Potvlieghe, und der Nachbau eines Hammerflügels mit lederbezogenen Hämmerchen, gebaut von Paul Poletti und Gerard Tuinman nach einem Vorbild von Anton Walter (um 1790).
Wer Mozarts Klaviersonaten gut kennt, der wird noch einen anderen Überraschungseffekt erleben. Denn auch bei der Interpretation hält Schoonderwoerd die eine oder andere Variante bereit, abseits der Hörgewohnheiten. Ein umfangreicher Text im Beiheft begründet, warum sich der Musiker mitunter sogar gegen die Mozart-Urtext-Werkausgabe entscheidet. Das ist wahrlich spannend und zeigt, dass der akribische Blick auf den Notentext letzten Endes doch immer wieder lohnt. Bravo!
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