„Was du ererbt von deinen Vätern – erwirb es, um es zu besitzen!“ Dieses Motto gilt nicht zuletzt für den Um- gang der Romantiker mit den Werken früherer Generationen. Sie schätzten die Musik von Bach, Händel und Mozart ja durchaus – aber wo die Stücke ihnen unvollkommen vor- kamen, scheuten sie sich nicht, sie zu ergänzen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Klavierbegleitung, mit der Robert Schumann seinerzeit die Sonaten und Partiten für Violine solo von Johann Sebastian Bach versehen hat.
Weniger bekannt ist ein ähnliches Projekt, mit dem Edvard Grieg 1879/80 Mozart „überarbeitet“ hat. Dazu schrieb Grieg 1897: „Der Verfasser dieses Aufsatzes versuchte mit der Heranziehung eines zweiten Klaviers einigen Mozartschen Klavier- sonaten eine unserem Tonempfinden entsprechende klangliche Wirkung zu verleihen und muß ausdrücklich bemerken, daß er voll schuldigen Respekts gegen den großen Meister keine einzige von Mozarts Noten veränderte. (..) Doch vorausgesetzt, ein Mann folgt nicht dem Beispiel Gounods, der ein Bachsches Präludium zu einem modernen, sentimenta- len und trivialen Schaustück verballhornte, das ich durchaus mißbillige, sondern sucht die stilistische Einheit zu wahren, so ist doch wahrhaftig kein Grund vorhanden, ein großes Entrüstungsgeschrei zu erheben, wenn er den Versuch einer Modernisierung wagt als einer Tat, die aus der Bewunderung für einen alten Meister entsprang.“
Das Resultat dieses Experiments präsentieren Jimin Oh-Havenith und Raymund Havenith auf dieser CD. Es ist kurios, wie Grieg in seinen Bearbeitungen das musikalische Material verändert. So findet er tatsächlich Gelegenheit, Mozart originär norwegische Rhythmen „unterzujubeln“ -– das ganze Leben ein Springtanz! –, und ihn mit der Grieg-typischen Harmonik zu verwandeln, in einen „MoGrieg“, wie Havenith schreibt. Das alles erreichte Grieg allein durch das Hinzufügen des zweiten Klavierparts. Das Ergebnis ist in der Tat hörenswert.
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