An dieser CD kann man wunderbar lernen, wie sehr eine Interpretation vom individuellen Genius eines Musikers abhängt, und auch vom jeweils herrschenden Zeitgeist. Sieben Pianisten spielen Werke von Robert Schumann – und es ist frappierend, wie unterschiedlich sie den Notentext lesen.
Den Reigen eröffnet Alfred Cortot (1877 bis 1962) mit dem Carnaval op. 9, aufgenommen 1928. Der Musiker, ausgebildet am Pariser Konserva- torium, legte größten Wert auf den Ausdruck. Wenn dabei links und rechts ein paar Noten abhanden kommen, oder der Mann am Klavier hier und da schlicht danebengreift – dumm gelaufen! Und man verzeiht ihm das tat- sächlich, weil zu spüren ist, wie intensiv er sich mit dieser Musik ausein- andergesetzt hat.
Vladimir Horowitz (1903 bis 1989) folgt danach mit den Kinderszenen op. 15 in einer Aufnahme aus dem Jahre 1950. „Klavierspiel besteht aus Vernunft, Herz und technischen Mitteln“, soll er einmal geäußert haben. „Alles sollte gleichermaßen entwickelt sein. Ohne Vernunft sind Sie ein Fiasko, ohne Technik ein Amateur, ohne Herz eine Maschine.“ Die Virtuosität, die Horowitz gelegentlich bis hin zum Theaterdonner trieb, ist hier der Grund, aus dem ein fein abgestuftes Spiel mit Schattierungen und Klangfarben erwächst.
Die Toccata in C-Dur op. 7 spielt Swjatoslaw Richter (1915 bis 1997). Die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1959, und sie macht deutlich, wie stark der Pianist die technische Brillanz in den Dienst einer durch und durch poetischen Werkauffassung stellt. Was für ein Wirbelsturm! und welch ein verblüffendes Finale...
In einer Aufnahme aus dem Jahre 1953 ist Clara Haskil (1895 bis 1960) mit den Abegg-Variationen op. 1 zu hören. 1955 entstanden ist die Aufzeichnung der Waldszenen op. 82 mit Wilhelm Backhaus (1884 bis 1969). Hier ist die Präzision die Basis für den Ausdruck. Mit der Romanze op. 28 Nr. 2 zu erleben ist zudem in einer Einspielung aus dem Jahre 1928 Francis Planté (1839 bis 1934) – was für eine Rarität!
Den Abschluss bildet Carl Reinecke (1824 bis 1910) mit einer Aufnahme von Warum? aus den Phantasiestücken op. 12. Reinecke, zeitweise Kapellmeister am Leipziger Gewandhaus, kannte Robert Schumann und Clara Wieck sogar noch persönlich. Er hat sowohl für Welte-Mignon als auch für Hupfeld etliche Werke eingespielt – und dank der mechanischen Klaviere kann man ihn noch heute hören. Leider wird diese CD nicht durch ein Beiheft begleitet, vergebens wünscht man sich mehr Informationen.
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