Montag, 23. Februar 2015

Beethoven: Diabelli-Variationen; Schiff (ECM New Series)

Nach seiner vielfach preisgekrönten Einspielung sämtlicher Klavier- sonaten von Ludwig van Beethoven bei ECM hat sich András Schiff nun erneut bedeutenden Werken des Komponisten zugewandt: Er spielt die Diabelli-Variationen – gleich zweimal, ergänzt um seine letzten Klaviersonate op. 111 bzw. um die späten Bagatellen op. 126, auf zwei grundverschiedenen Instrumenten. „Der Bechstein-Flügel von 1921 repräsentiert eine längst vergessene Welt. Wilhelm Backhaus hat ihn oft gespielt und mit ihm Aufnahmen gemacht“, erläutert der Pianist seine Entscheidung. „Und es sei daran erinnert, dass Bechstein Arthur Schnabels bevorzugte Marke gewesen ist. Schnabels Klavierton – gerade bei Beethoven und Schubert – war immer mein Vorbild. Der Bechstein-Flügel hilft mir, diesem Ideal näherzu- kommen.“ Und mit dem Hammerflügel des Wiener Klavierbauers Franz Brodmann „sind wir direkt an der Quelle“, begeistert sich Schiff. „Wien im Jahr 1820: Das sind Ort und Zeit der Komposition. Dieses Instrument hier ist ein Original, keine moderne Kopie, und es ist in perfektem Zustand. An ihm klingt die Musik frischer, kühner und unendlich viel zarter.“ 
Bei diesem Hammerklavier unterscheiden sich die Register klanglich deutlich. Und die tiefere Stimmung – auf 430 statt 442 oder mehr Hertz – „klingt für die Ohren viel angenehmer und obertonreicher“, schwärmt der Pianist. „Die Dynamik wirkt differenzierter: Während die Lautstärke wesentlich zurückgenommen wird, gelingen die leisen und leisesten Passagen mit Hilfe der Verschiebung und des Moderators magisch und geheimnisvoll.“ Das Instrument gibt durch das Verklingen des Tones dem Pianisten eine Orientierung bei der Wahl der die Tempi. Schiff zeigt zudem mit seiner sorgsam an der Handschrift ausgerichteten Interpretation exemplarisch, welch enorme Bedeutung Beethovens Anweisungen zum Pedalgebrauch haben. „Sie zu ignorieren, ist Ausdruck höchster Arroganz, eine Verfälschung der Musik“, kritisiert der Pianist. Und wenn man sie beachtet, dann ergibt sich klanglich tatsächlich ein Unterschied. 
Es sind ohnehin faszinierende Klangwelten, die Schiff hier vorstellt. Der historische Hammerflügel beeindruckt mit seinem unendlichen Farben- reichtum. Der Bechstein hingegen klingt sehr ausgeglichen, warm und sanft. Schiff stellt sich jeweils auf die Eigenheiten des Instrumentes ein; so unterscheiden sich die beiden Aufnahmen mitunter doch erstaunlich. Ich würde freilich keiner von beiden den Vorzug geben wollen, beide Varianten möchte man gleichermaßen immer wieder hören. Ob das Fans des Einheits-Steinways auch so empfinden werden, das darf bezweifelt werden. Aber einen Hörversuch sollte man in jedem Falle starten – es lohnt sich! 

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