Über Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze, jene berühmte Meditationsmusik, die Joseph Haydn (1732 bis 1809) im Winter 1786/87 für einen Domherrn aus dem spanischen Cádiz komponiert hat, wurde in diesem Blog bereits mehrfach geschrieben. Dieses Werk, im Original entstanden für Orchester, besteht aus sieben langsamen Sätzen zuzüglich einer ziemlich dramatischen Einleitung sowie einem abschließenden Presto, welches das Erdbeben hörbar macht, das nach Christi Tod die Erde erschütterte. Es erklang zum ersten Male zum Karfreitag 1787 – mit Voraufführungen im Palais Auersperg in Wien sowie in Bonn. Und weil diese Musik weithin gefragt war, fertigte Haydn anschließend noch eine Bearbeitung für Streichquartett an, sowie eine Oratorienversion, für die einmal mehr Baron Gottfried van Swieten den Text lieferte. Innerhalb weniger Jahre erschienen zudem in vier (!) europäischen Musikverlagen Klavierfassungen – nicht von Haydn, aber von ihm geprüft und für gut befunden.
Dieser Variante hat sich nun Alexej Ljubimow zugewandt: „The Seven Last Words occupies a unique place in Haydn's output“, erläutert der russische Pianist im Beiheft zu seiner CD. „This cycle of slow pieces concluded by a violent Presto calls for great variety of sonorities, strong emotional projection of contrasts with dramatic power, and, finally, judicious balance between tempo and expression.“ Aus diesem Grunde hat sich Ljubimow entschlossen, Haydns Musik auf einem historischen Instrument zu spielen. Ausgewählt hat er dafür den Nachbau eines Tangentenflügels von Späth & Schmahl, Regensburg 1794, angefertigt in der Werkstatt des westflandrischen Spezialisten Chris Maene. Diese Instrumente ähneln äußerlich noch einem Cembalo, aber sie klingen ausdrucksstärker und auch lauter. Mozart beispielsweise kannte und schätzte das „Späthische Clavier“.
Ljubimow nutzt den Farbenreichtum und die klanglich durchaus unterschiedlichen Register des Tangentenflügels, um Ausdrucksnuancen zu erreichen, die mit einem modernen Konzertflügel so nicht zu erzielen wären. Er spielt grandios, gestaltet souverän und bringt die ganz eigenen Qualitäten der Klavier-Version hervorragend zur Geltung. Diese Einspielung hat sich umgehend einen Platz unter meinen persönlichen Haydn-Lieblingsaufnahmen erobert – und sie wird ihren Referenzstatus ganz ohne Zweifel lange behalten. Unbedingt anhören!
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