Hans Leo Hassler (1564 bis 1612) war ein Mensch mit vielen Talenten. Über seinen Lebensweg wurde in diesem Blog bereits mehrfach berichtet. Er war der Sohn eines Organisten und Musikverlegers aus Nürnberg. 1584 reiste er nach Venedig, wo er 15 Monate lang blieb und Unterricht nahm bei Andrea Gabrieli, dem Organisten des Markusdoms. Die Serenissima galt damals sowohl im Bereich der weltlichen als auch der geistlichen Musik als führende europäische Musikmetropole.
Nach seiner Rückkehr trat Hassler in Augsburg in die Dienste der Fugger; 1595 wurde er mit seinen beiden Brüdern von Kaiser Rudolf II. geadelt, später dann sogar zum „Hofdiener von Haus aus“ ernannt. Hassler wirkte als Organist, leitete die Stadtpfeifer, baute Automaten und war auch als Kaufmann recht erfolgreich. 1608 wurde er Kammerorganist des sächsi- schen Kurfürsten Christian II. Und auch wenn er heute vor allem als Komponist von Vokalmusik bekannt ist, stand doch die Orgel im Mittel- punkt seines künstlerischen Schaffens. Etwa 110 Orgelwerke Hasslers sind überliefert, die meisten davon in einer Tabulatur, die aus Süddeutschland stammt und heute in Turin aufbewahrt wird. Anders als die Vokalwerke, die im Druck erschienen sind, hat sich Orgelmusik des Komponisten in Abschriften erhalten. Hassler schuf übrigens das längste Variationswerk der Renaissance und des Frühbarocks, Ich gieng einmal spatieren 31 mal verendert durch Herren J.L.H., ähnlich umfangreich wie Bachs Goldberg-Variationen.
Franz Raml hat für diese CD wenig bekannte Werke seines berühmten Kollegen ausgewählt und an zwei Orgeln eingespielt, die zu dieser Musik hervorragend passen. Das Instrument auf der Westempore der Stiftkirche der Prämonstratenserabtei Schlägl wurde 1634 durch Andres Putz aus Passau erbaut und 1708 durch Johann Christoph Egedacher überarbeitet. 1989 erfolgte die Restaurierung durch die Gebrüder Reil aus dem nieder- ländischen Heerde. Die Orgel in der Stefanskirche zu Tangermünde stammt von Hans Scherer d.J. und aus dem Jahre 1624; sie wurde durch die Orgelbaufirma Schuke 1991 bis 1994 restauriert und in Teilen auch rekonstruiert.
Raml macht hörbar, dass Hasslers Orgelmusik sowohl durch seine süddeutsche Herkunft als auch durch das Erlebnis Italien geprägt wurde. Sie kombiniert die polyphone Satztechnik in der Tradition Orlando di Lassos mit Klangpracht und Virtuosität der italienischen Vorbilder. Raml präsentiert Toccaten, Canzonen, Ricercari und Fantasien sowie liturgi- sche Stücke und Intavolierungen, also Bearbeitungen von Gesangsstücken für Tasteninstrumente und gibt damit zugleich einen Überblick über wichtige Formen, die Hassler verwendete.
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