Musik der Darmstädter Hofkapelle präsentiert eine CD aus dem Hause cpo. Sie dokumentiert zugleich, auf welch hohem Niveau am Hofe des Landgrafen Ernst Ludwig in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts musiziert wurde. Hofkapellmeister Christoph Graupner (1683 bis 1760) war weithin sehr geschätzt; in seinen ersten Jahren am Hofe komponierte er fast ausschließlich Opern und Kantaten. Allerdings stand es um die Finanzen seines Dienstherrn nicht zum Besten, was unter anderem dazu führte, dass 1722 der Opernbetrieb in Darmstadt eingestellt wurde. Noch im gleichen Jahr bewarb sich Graupner um die Stelle des Thomaskantors, die nach dem Tode seines früheren Lehrers Johann Kuhnau vakant war.
Die Leipziger hätten ihn gern genommen – doch der Landgraf verweigerte seinem Hofkapellmeister den Abschied. Statt dessen erhöhte er Graupners Jahresgehalt von 500 auf 900 Gulden, und garantierte diesem seine Besoldung bis ans Lebensende. Einem solche Argument war schon damals schwer zu widersprechen.
Andere Mitglieder der Hofkapelle hatten weniger Glück, wie das Beispiel des Flötisten und Oboisten Johann Michael Böhm zeigt, ausgebildet in Dresden, und mit Telemann verschwägert. Er erhielt offenbar längere Zeit kein Gehalt ausgezahlt, was ihn in große Not brachte und schließlich dazu veranlasste, 1729 aus Darmstadt zu fliehen. Böhm ging nach Ludwigsburg, und seine umfangreiche Musikaliensammlung nahm er mit. Man darf annehmen, dass Graupner die dadurch dezimierten Notenbestände wieder aufzufüllen hatte; im Frühjahr 1730 jedenfalls wies der Landgraf an, dem Musiker seien mehr Papier und Federkiele zuzuteilen, weil dieser „die Besorgung der Taffel-piècen und Concerts nunmehro auch zur Incumbenz habe“.
Dennoch nehmen in dem umfangreichen Werk des Komponisten – das Graupner-Werke-Verzeichnis zählt allein über 1400 Vokalmusiken – die Instrumentalkompositionen eher bescheidenen Raum ein; 310 Werke sind erfasst, darunter 44 Konzerte, fünf Tafelmusiken, 112 Sinfonien und 80 Ouvertürensuiten. Bemerkenswert erscheint zudem, dass Streicher als Soloinstrumente in Graupners Konzerten kaum eine Rolle spielen. Bläser hingegen, insbesondere die Traversflöte, aber auch Oboe, Oboe d'amore, Chalumeau und Fagott, setzte er gern ein und komponierte für sie mitunter ziemlich virtuose Partien. Insgesamt scheint er aber eher an Klangeffekten interessiert gewesen zu sein als an technischer Bravour.
Dafür spricht auch, dass er die Soloinstrumente gern in Gruppen konzer- tieren ließ – auf dieser CD gibt es dafür wunderbare Beispiele, wie ein Concerto für Chalumeau, Fagott und Violoncello solo, zwei Violinen, Viola und Cembalo. Die Accademia Daniel unter Leitung von Shalev Ad-El spielt aber auch eines der raren Violinkonzerte des Komponisten. Musiziert wird auf historischen Instrumenten, gekonnt und mit Esprit. Eingespielt hat das israelische Ensemble diese CD übrigens in Chemnitz-Hilbersdorf.
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