Sonntag, 15. November 2015

Dass sich wunder alle Welt (Christophorus)

In der heutigen Zeit, inmitten von Lebkuchenbergen und Schokoladen- gebirgen, von der Werbung auf Weihnachtsshopping und von der Familie auf Vorweihnachtshektik programmiert, vergisst man leicht, dass die Adventszeit eigentlich eine Fastenzeit ist. Wie die Tage zwischen Aschermittwoch und Osterfest, sind auch die 40 Tage zwischen Martins- tag und Weihnachten eine Zeit der Besinnung und der Einkehr. 
Diese CD soll daran erinnern, dass die Adventszeit dem Warten auf die Ankunft Jesu gewidmet ist, und nicht dem Konsum. Die Gläubigen sollen sich darauf besinnen, dass das Kind in der Krippe der Erlöser und Erretter ist – sie sollen ihr Leben ändern, damit sie bereit sind, wenn Christus wiederkehrt. Miriam Feuersinger, Sopran, und Daniel Schreiber, Tenor, sowie das Gambenconsort Les Escapades, ergänzt durch Evelyn Laib an der Truhenorgel, tragen Musik vor, die dieses Ansinnen reflektiert. 
Dabei orientieren sich die Musiker an der Liturgie der vier Adventssonnta- ge. Kaum eine Zeit ist so reich mit Musik gefeiert worden, wie die diese – von den gregorianischen Gesängen der Mönche und Nonnen, die einige ihrer schönsten Melodien in diesen Wochen anstimmen, über eine Vielzahl bekannter Kirchenlieder bis hin zu festlichen konzertanten Werken. Und so begegnen wir in der Adventszeit Maria; wir erinnern uns an ihren berühmten Dialog mit dem Engel Gabriel, und an ihren Besuch bei Elisabeth, mit dem Magnificat. Wir begegnen Martin Luther, der zahlreiche Texte aus der liturgischen Tradition in die deutsche Sprache übertragen hat – erinnert sei hier nur an Nun komm, der Heiden Heiland nach dem ambrosianischen Hymnus Veni redemptor gentium. Wir begegnen aber auch Johannes dem Täufer, und dem Propheten Jesaja. 
Miriam Feuersinger und Daniel Schreiber singen uns den Introitus des jeweiligen Adventssonntages, sowie einige wenige bedeutende Lieder, die dazu passen. Dafür wurden ebenso bedeutende Liedsätze ausgewählt, die mitunter von Strophe zu Strophe wechseln.  Sie wurden so geschickt kombiniert, dass das Lied wirkt, wie aus einem Guss. 
Für Abwechslung sorgen außer den unterschiedlichen Arrangements auch Wechsel in der Besetzung. So werden etliche Strophen instrumentaliter musiziert; die Gamben ergänzen zudem, wie damals üblich, den Gesang. Mit ihrem weichen, warmen Klang passen sie exzellent in die besinnliche Adventszeit. Die vier Damen von Les Escapades begeistern durch ihren homogenen, perfekten Ensembleklang. Kleine Instrumentalsätze runden das Programm ab. 
Am vierten Adventssonntag erklingen gleich drei Werke von Heinrich Isaac (um 1450 bis 1517), einem franko-flämischen Meister, der erst im Dienste der Medici stand, und dann ab 1497 für den König und späteren Kaiser Maximilian I. tätig war. Damit verweisen die Musiker bewusst auf Traditionen, die so lang zurückliegen, dass sie für uns heute eher unge- wohnt klingen. Nicht alle Stücke auf dieser CD freilich sind alt - so erklingt Es kommt ein Schiff, geladen in einer Version des Karlsruher Chorleiters Hans-Jörg Kalmbach.
Nach dem Beginn mit der Kantate Lieber Herre Gott, wecke uns auf von Johann Rosenmüller (1620 bis 1684) endet die CD auch wieder mit einer Kantate: Wachet auf, ruft uns die Stimme von Franz Tunder (1615 bis 1667) mahnt, das Leben zu gestalten, wie die klugen Jungfrauen – die gut vorbereitet auf den Bräutigam gewartet haben, und daher in den Hochzeits- saal eingelassen werden. In diesem Sinne: Einen besinnlichen Advent! 

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