Montag, 24. Oktober 2016

Vanhal: 3 late string quartets (MMB)

Johann Baptist Vanhal (1739 bis 1813) gehörte zum Freundeskreis um Haydn und Mozart. Er war in Böhmen zur Welt gekommen, als Sohn leibeigener Bauern. Schon als Jugendlicher wirkte er als Organist, außerdem spielt er Geige. Eine Gräfin würdigte seine Begabung und sorgte dafür, dass er seine Ausbildung in Wien fortsetzen konnte. Dort ver- diente er als Musiklehrer bald genug, um sich aus der Leibeigenschaft freizukaufen. 
1769 reiste er für zwei Jahre nach Italien; auch in Kroatien und Ungarn soll Vanhal sich kurz aufgehalten haben. Im Jahre 1780 aber ließ er sich endgültig in Wien nieder, wo er sein Geld als Musiker, Komponist und als Musikpädagoge verdiente. Ignaz Pleyel war einer seiner Schüler. 
Obwohl ihm sowohl durch Kaiser Joseph II. als auch am Dresdner Hof Anstellungen angeboten worden waren, lehnte er ab; Vanhal gilt somit als einer der ersten freischaffenden Musiker überhaupt. Er schuf eine immense Anzahl von Werken, darunter viele Sinfonien, Konzerte, Kammermusik für verschiedene Besetzungen und geistliche Musik. 
Die drei Streichquartette, die das Camesina Quartett für diese CD ausge- wählt hat, sind Vanhals Antwort auf die berühmten Streichquartette "auf eine gantz neue besondere Art" op. 33, die Joseph Haydn im Jahre 1781 veröffentlicht hatte. Die Musiker kannten sich gut; aus zeitgenössischen Berichten wissen wir, dass sie gemeinsam musiziert haben – so soll bei einem Quartett-Abend 1784 Haydn die erste Violine gespielt haben, Carl Ditters von Dittersdorf die zweite, Mozart die Bratsche und Vanhal das Violoncello. Man darf davon ausgehen, dass sie bei solchen Gelegenheiten einem handverlesenen Publikum ihre eigenen Werke vorgestellt haben. 
Dabei hat es möglicherweise auch kollegiale Scherze gegeben; das Camesina Quartett merkt an, in einigen Werken sei „der Part der ersten Violine sehr virtuos und erfordert teilweise wahnwitziges Lagenspiel bis zum Ende des Griffbrettes“ – was durchaus eine Art musikalischer Spaß gewesen sein könnte. Johannes Gebauer und Katja Grüttner, Violine, Irina Alexandrowna, Viola, und Martin Burkhardt, Violoncello, musizieren temperamentvoll und graziös – Vanhals Werke sind beim Camesina Quartett, das historische Aufführungspraxis sehr ernst nimmt, in besten Händen.  
Zu hören sind auf dieser CD zwei der Streichquartette, die Vanhal eben- falls als op. 33 veröffentlichte – was ganz sicher kein Zufall war. Ergänzt wird das Programm durch eines von insgesamt sechs Quartetten, die als Subskription bei Hoffmeister in einer Art Zeitschrift erschienen sind „und denen wir, analog zu Mozarts ,Hoffmeister-Quartett' KV 499 (welches ebenfalls 1786 dort erschien), den Beinamen ,Hoffmeister-Quartette' gegeben haben, da sie keine Opus-Zahl besitzen“, schreibt das Camesina Quartett im Beiheft. „Wir hoffen sehr, mit unserer CD dem Komponisten Vanhal einen kleinen Dienst zu erweisen, indem wir einige wirklich hochwertige Werke zugänglich machen, die eine Wiederentdeckung unbedingt wert sind.“ 

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