Die vier Orchestersinfonien Wq 183 und die sechs Kleinen Sonaten für Bläser Wq 184 von Carl Philipp Emanuel Bach (1714 bis 1788) hat das Ensemble Resonanz auf dieser CD zusammengefasst. Das ist eine interessante Kombination. Denn die Kleinen Sonaten, entstanden 1775, künden vom verstärkten Interesse des Komponisten am Bläserklang. Besetzt sind sie jeweils mit zwei Flöten, zwei Klarinetten, zwei Hörnern und Fa- gott. Die Sonaten 1, 2, 3, und 5 sind Bearbeitungen älterer Trios, Wq 92. Bachs Hinwendung zu den Bläsern folgt einerseits dem Zeitgeist – um 1770 kam die sogenannte Harmonie- musik, komponiert typischerweise für Bläseroktett, groß in Mode.
Dieses Experiment wirkt aber darüberhinaus wie die Vorbereitung auf ein wesentlich komplexeres Projekt, das Bach im gleichen Jahr begonnen hat: In seinen Orchestersinfonien Wq 183 spielen ebenfalls Bläser mit; noch die Hamburger Sinfonien Wq 182 waren für reines Streichorchester ent- standen. Wir erleben somit die ersten Schritte auf dem Weg zum modernen Orchester – zwar lang noch nicht mit der vollen Bläserbesetzung, wie wir sie heute kennen, dafür aber noch mit Cembalo, an dem wir uns Carl Philipp Emanuel Bach denken können, wie er seine Musiker dirigiert.
Im empfindsamen Zeitalter löste Einfühlung das barocke Musikverständnis ab, das die Musik als eine rhetorische Kunst betrachtete, die auch der Mathematik durchaus nahe war. Der „Hamburger“ Bach hingegen wollte weniger den Verstand als vielmehr das Herz seiner Zuhörer ohne Umwege ansprechen. Und so zündet er auch in diesem Sinfonien ein wahres Gefühlsfeuerwerk.
Das Ensemble Resonanz lässt, dirigiert von Riccardo Minasi, jede einzelne Rakete genussvoll aufleuchten. Die Musiker zeigen, wie dramatisch Bachs Werke teilweise sind, wie kühn, innovativ und farbenreich – und mitunter auch mitreißend heiter. So energisch und konsequent hört man das selten; das ist Sturm und Drang auch in der Interpretation. Faszinierend!
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