„Jean-Baptiste Antoine Forqueray, ordinaire de la musique de la Chambre et Chapelle du Roy, n'eut pas moins de talent que son père. Ainsi que lui, il joua devant Louis XIV à l'âge de cinq ou six ans, et étonna toute la cour par la prodi- gieuse exécution qu'il avait déjà dans un âge aussi tendre“, berichtet Jean Benjamin de La Borde. „M. Forque- ray a fait graver plusieurs pièces pour la viole et pour le clavecin, dont quelques-unes sont de M. son père.“
Antoine Forqueray (1672 bis 1745), der Vater, wirkte als Gambist am Hofe Ludwigs XIV. Für seinen Sohn scheint er nicht allzuviel übrig gehabt zu haben; Jean-Baptiste Antoine Forqueray (1699 bis 1782) wuchs beim Großvater Michel Forqueray auf, einem Tanzmeister. Ebenso wie sein Vater war er ein musikalisches Wunderkind und spielte bereits in einem Alter, in dem heutzutage Kinder üblicherweise noch im Sandkasten sitzen, vor dem König.
Als sein Großvater starb, war er bereits ein exzellenter Musiker und bald so gut im Geschäft, dass der Vater wohl eifersüchtig wurde: 1715 sorgte Antoine dafür, dass sein Sohn im Gefängnis landete; 1725 ließ er ihn dann sogar aus Frankreich ausweisen. Doch schon nach zwei Monaten durfte Jean-Baptiste zurückkehren, und wieder als Musiker in Versailles und bei den Concerts spirituels auftreten.
Als Georg Philipp Telemann 1737 seine Nouveaux Quatuors präsentierte – wie die ersten sechs Pariser Quartette komponiert für Flöte, Violine, Viola da gamba und Violoncello sowie Cembalo – übernahm Jean-Baptiste Forqueray den Gamben-Part. Im September 1742 wurde er dann bei Hofe der Nachfolger seines Vaters. Diese Stelle hatte er offenbar bis 1761 inne; anschließend stand er im Dienste des Fürsten von Conti. Nach dessen Tod 1776 zog sich der Gambenvirtuose aus dem Musikleben zurück; dies scheint er auch wirklich konsequent betrieben zu haben, denn in einer Vermögens- aufstellung für seine Erben wird zwar ein Cembalo beschrieben – das auch auf einem Porträt seiner Frau, der Cembalistin Marie-Rose Du Bois, zu sehen ist – aber keine einzige der wertvollen Gamben, die Jean-Baptiste Forqueray in früheren Jahren gespielt hat.
Ähnlich mysteriös wie die Familienverhältnisse der Forquerays ist die Geschichte um jene beiden Noteneditionen, die der Musiker 1747 veröffentlichte. Es handelt sich dabei um fünf Suiten für Viola da gamba, laut dem Geleitwort komponiert vom Vater, gewidmet Prinzessin Anne Henriette, einer Schülerin von Jean-Baptiste Forqueray, die eine exzellente Gambenvirtuosin gewesen sein muss. Leider starb sie 1752 an den Pocken.
Maria Josepha von Sachsen, im Feburar 1747 verheiratet mit dem Thronfolger, widmete der Musiker eine Bearbeitung ebenjener Werke für das Cembalo. Auch hier verweist Forqueray darauf, dass es sich um Werke seines Vaters handele. Allerdings haben etliche dieser Stücke Titel, die Musikhistoriker daran zweifeln lassen – so war beispielsweise Jean Benjamin de La Borde, Namensgeber gleich für das erste Stück, beim Tode Antoine Forquerays erst elf Jahre alt. Auch andere Widmungsträger gehören der Generation Jean-Baptiste Forquerays an. Insofern darf weiter gerätselt werden.
Hinter all den anspielungsreichen Titeln, von Le Carillon de Passy bis La Rameau und von La Sylva bis La Régente, verbergen sich Meisterwerke voller Anmut, Ausdruck und Intensität. Einem Interpreten geben sie allerdings heute zahlreiche Rätsel auf; sie zu spielen, das ist eine hohe Kunst, die viel Wissen ebenso wie ein gewisses Gespür für Klangeffekte benötigt, vielleicht auch ein wenig Lust am Experiment.
Der amerikanischen Cembalistin Mitzi Meyerson ist mit ihrer Einspielung der Cembalo-Versionen für das audiophile Label Dabringhaus und Grimm im Jahre 2001 ein großer Wurf gelungen. Welches Format diese Musikerin hat, das ahnt man bereits, wenn man in ihrer Vita liest, dass sie als Professorin für Cembalo an der Hochschule der Künste Berlin lehrt – und somit einen Lehrstuhl inne hat, der einst für Wanda Landowska einge- richtet wurde.
Die Cembalistin musiziert auf einem Instrument, das 1998 von Keith Hill gefertigt worden ist. Es ist der Nachbau eines Cembalos von Pascal Taskin (1723 bis 1793), einem herausragenden französischen Experten seines Faches, das sich heute in der Sammlung Russel in Edinburgh befindet. Dieses Instrument verfügt insbesondere über ein atemberaubend klang- schönes mittleres Register, das durch die Musik Forquerays auch bestens zur Geltung kommt.
Mitzi Meyerson vermag es überhaupt kongenial, Gambenklänge auf das Cembalo zu transferieren. Sie spielt souverän und enorm farbenreich. Mit ihrem grandiosen technischen Vermögen gelingt es ihr sogar, all die winzigen Asynchronitäten, die aus dem Bogenstrich resultieren – und die Forqueray auch in seinen Anmerkungen vom Cembalisten einfordert – ganz natürlich wirken zu lassen. Rundum vorbildlich; diese Aufnahme kann man vom ersten bis zum letzten Ton genießen.
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