Eine Reise in die Geschichte des Horns unternimmt das Deutsche Horn Ensemble auf dieser CD. „Die Beschäftigung mit ,Alter Musik' und der historisch informierten Auffüh- rungspraxis bringt es automatisch mit sich, dass man immer wieder originalen, wirklich alten Instru- menten begegnet“, berichten die Musiker im Beiheft. „Schon allein die angeborene Neugier eines interes- sierten Musikers führt immer wieder zu Erlebnissen und Entdeckungen. Sei es, dass man die Gelegenheit findet, in den Archiven und Magazinen eines etablierten Museums andächtig vor den intrumentalen Schätzen der Vergangenheit zu stehen und im Idealfall unter kundiger Aufsicht und Zuhilfenahme weicher Handschuhe den alten Preziosen mehr oder weni- ger vorsichtige Töne zu entlocken. Oder ein befreundeter Sammler, oft auch ein Kollege öffnen einem die Tore zu ihren Sammlungen. Auch die Zeiten des vermehrten Onlinehandels oder der sozialen Netzwerke bringen immer wieder vermehrt Kontakt mit einer überraschend viel- fältigen Welt der Instrumentenentwicklung.“
Denn nicht immer hat das Horn so ausgesehen, wie wir es heute kennen. Das Naturhorn hat nicht nur keine Ventile, es klingt auch anders. Mit der Erfindung der Ventile, zum Anfang des 19. Jahrhunderts, war es aber nicht getan. Denn auch das Instrument insgesamt musste angepasst werden – heute hilft der Computer dabei; damals war die Qualität der veränderten Instrumente teilweise so unbefriedigend, dass Hornvirtuosen im Zweifels- fall lieber das vertraute Naturhorn spielten.
So erzählen die Hornisten im Beiheft die berühmte Anekdote, dass bei der Uraufführung von Schumanns höchst anspruchsvollem Konzertstück für vier Hörner im Jahre 1850 Eduard Pohle, Solohornist des Leipziger Gewandhauses, noch in der letzten Probe vor dem Konzert wieder zum Naturhorn griff, und sich entschied, den technisch schwierigen Part doch nicht auf dem Ventilhorn zu blasen.
Auch die Mitglieder des Deutschen Horn Ensembles haben mit solchen Problemen zu kämpfen: „Der Konzertbetrieb der letzten zehn Jahre bringt immer häufiger romantisches Repertoire in historischer Aufführungs- praxis auf die Programme. Dafür müssen die passenden Instrumente gefunden werden.“ Originale Ventilhörner aber aus jener Zeit kommen, siehe oben, eher nicht in Frage. Das Deutsche Horn Ensemble hat statt dessen gemeinsam mit dem Hornbauer Andreas Jungwirth aus Freischling bei Wien ein Instrument nach einem alten Vorbild entwickelt, das in seiner Spielbarkeit heutigen Ansprüchen genügt.
Ein Satz dieser Hörner ist hier zu hören, wenn Christoph Moinian, Joaquim Palet Sabater, Oliver Kersken und Stefan Oetter Musik für vier Hörner in F aus dem 19. Jahrhundert spielen. Besondere Schmankerl sind dabei die stimmmungsvollen Chorsätze von Franz Abt (1819 bis 1885). Doch auch die Serenade von Robert Stark (1847 bis 1922) oder die Quatuors originaux op. 75 von Carl August Hänsel (1799 bis möglicher- weise 1885) geben interessante Einblicke in den Gebrauch des chroma- tischen Horns in der damaligen Zeit.
Das Hornquartett Salut à la Forêt stammt von Rainulphe Marie Eustache Marquis d'Osmond (1828 bis 1891), Spross eines ebenso bedeutenden wie vermögenden Adelsgeschlechtes, der hier seine Leidenschaft für die Jagd auf gelungene Weise mit jener für die Musik kombiniert.
Und weil es gerade so schön passt, haben die vier Hornisten die Instru- mente gewechselt und das Programm noch um die Segeberger Messe für Parforcehörner in Es ergänzt, ein Werk ihres Ensemblemitgliedes Oliver Kersken. Auch die Besetzung wurde dafür erweitert, um Johannes Leuftink, Lars Mechelke und Sascha Blaue. Und so grüßt, auf den musikhistorisch eigentlich älteren Instrumenten, das 21. Jahrhundert, mit berückenden Klängen, die Tradition und Moderne vereinen. Ein tolles Album, unbedingt anhören!
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