Samstag, 1. Juli 2017

Farina: Sonate e Canzoni (Pan Classics)

Betrachtet man die Entwicklung des Geigenspiels, gehört das 17. Jahr- hundert mit zu den spannendsten Epochen der Musikgeschichte. Leila Schayegh hat für diese CD einige äußerst interessante Werke aus dieser Zeit zusammengestellt. Die meisten dieser Musikstücke stammen von Carlo Farina (um 1604 bis 1639). Dieser Geiger, der aus Mantua stammte, wurde 1625 nach Dresden berufen, wo er unter Heinrich Schütz als Konzertmeister in der Hofkapelle des sächsischen Kurfürsten musizierte. 
Als bei Hofe durch den 30jährigen Krieg das Geld knapp wurde, sah sich Johann Georg I. gezwungen, das Orchester aufzulösen. Farina kehrte zunächst wieder nach Italien zurück; er ging dann nach Danzig und schließlich nach Wien. Einige seiner Werke sind in fünf Sammlungen überliefert, die in den Jahren 1626 bis 1628 in Dresden gedruckt wurden. Schayegh hat ihre Auswahl durch drei Stücke ergänzt, die aus derselben Zeit stammen und in einer Breslauer Handschrift zu finden sind. Sie zeigen, wie das virtuose Violinspiel italienischer Provenienz Musiker in Deutschland beeindruckt und beeinflusst hat. 
Die Geigerin spürt konsequent dem historischen Klang nach. Das geht so weit, dass sie sogar die „alten“ Haltungen erprobt: „Wir haben uns für die vorliegende Aufnahme an Bildern und Texten orientiert, die zeigen, dass die Violine zur Zeit Farinas in Italien, Frankreich und im norddeutschen Raum meist nicht auf dem Schlüsselbein, sondern weiter unten, oberhalb der Brust, angesetzt wurde“, berichtet Leila Schayegh in einem Geleitwort. „Dazu gehörte auch eine andere Bogenhaltung: der Daumen hielt den Bogen unter dem Frosch, auf dem Übergang zum Haar. (..) Schließlich wurden auf die Violine noch vier reine Darmsaiten gespannt, ein Setting, das den Gesamtklang aufhellt und gleichzeitig aufrauht. Nun fühlt sich das Spiel plötzlich ganz anders an. Die Bogenhand ist etwas unflexibler, da Daumen und Finger weiter voneinander entfernt sind. Das Gewicht des rechten Arms hängt tief und schwer in den Saiten. Die linke Hand hält die Violine gänzlich allein, das Instrument schwingt fast frei auf minimaler Auflagefläche. Auch in den schwierigsten Passagen (..) ist kein Schlüsselbein als Unterlage mehr da, kein Kopf, keine Schulter, die auch nur kurz zu Hilfe eilen könnten. Beim Cello wird der Klang etwas indirekter und feiner, vielleicht auch etwas sandiger, bei der Violine konkreter, penetranter, roher.“ 
Diese Veränderungen prägen diese Aufnahme ganz erstaunlich. Bei ihrem beinahe meditativen Violinspiel begleiten Daniele Caminiti, Erzlaute, Jonathan Pesek, Violoncello und Viola da gamba, und Jörg Halubek, Cembalo und Continuo-Orgel, die Geigerin. Zwei Toccaten für Cembalo von Michelangelo Rossi (1601 bis 1656) sowie das beeindruckende Il Ciarlino Capriccio Chromatico von Pietro Paolo Melli (1579 bis 1623) runden das Programm ab. 

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