Die Inspiration zu diesem Aufnahme- projekt gab eine fehlerhafte Noten- edition: Im Jahre 2007 hatte Anthony Spiri eine CD mit drei Fugen, drei Fantasien und drei Sonaten von Wilhelm Friedemann Bach (1710 bis 1784) eingespielt. Allerdings wurde später festgestellt, dass drei dieser Werke gar nicht von diesem Komponisten, sondern von Johann Wilhelm Häßler (1747 bis 1822) stammten.
Dieser Musiker war der Sohn eines Erfurter Strumpfwirkers; die musikalische Ausbildung erhielt er von seinem Onkel Johann Christian Kittel, einem Schüler Bachs. Und so kam es, dass er stilistisch dem Kreis der Bach-Söhne zugerechnet wird – was, nebenbei bemerkt, aber auch für die hohe Qualität seiner Kompositionen spricht.
Häßler war als Pianist sehr erfolgreich. In London musizierte er mit Joseph Haydn, und in St. Petersburg wurde er dann durch Zarin Katharina die Große zum Hofkapellmeister ernannt. Im Jahre 1794 ließ sich der Musiker in Moskau nieder, wo er nicht zuletzt auch als Musikpädagoge wirkte. „Er ist sozusagen der Begründer der ,russischen Klavierschule'“, sagt Spiri, „denn Häßler hat die Tradition der Bach-Söhne, die im Westen unmittelbar auf Schumann und Mendelssohn nachgewirkt hat, im östlichen Europa hoffähig gemacht.“ Sein Schaffen wurde im Westen Europas allerdings nicht in demselben Maße gewürdigt.
Anthony Spiri hat bereits mehrfach Werke der Bach-Söhne auf CD veröffentlicht. Die beiden vorliegenden Aufnahmen zeigen einmal mehr, dass Musik aus jener Zeit zwischen Bachs Tod und seiner Wiederent- deckung durch die Romantiker unsere Neugier durchaus verdient hat – und dass man diese Werke auch auf dem modernen Konzertflügel wunderbar vortragen kann. Spiri wählte für die erste CD erneut drei Fugen, drei Fantasien und drei Sonaten des ältesten Bach-Sohnes Wilhelm Friedemann aus verschiedenen Schaffensperioden. Auf der zweiten ist dann Häßler vertreten, mit der Grande Gigue d-Moll op. 31, drei Sonaten, einer Fantasie c-Moll sowie der Sonata Fantasie C-Dur op. 4.
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