Montag, 5. Februar 2018

Brahms - Frei aber einsam (Berlin Classics)

F-A-E – diese Tonfolge prägt drei Werke von Johannes Brahms (1833 bis 1897), und sein ganzes Leben. Denn die drei Buchstaben stehen für „frei, aber einsam“; dies war das Lebensmotto des Geigers Joseph Joachim, und diesem Leitspruch folgte auch sein Freund Brahms. Der Pianist Matthias Kirschnereit hat sich nun an die drei Stücke gewagt, in denen der Komponist dieses Motiv einsetzte. 
Zum ersten Mal verwendete Johannes Brahms dieses Thema in seiner Klaviersonate Nr. 3 in f-Moll, op. 5, aus dem Jahre 1853. „Brahms sagt sein Leben selbst als Prophet voraus, deutet Dinge an, die ihm später widerfahren werden“, meint Matthias Kirschnereit dazu. Und das bedeutet in diesem Falle eine Liebe, so romantisch wie man sich das nur vorstellen kann, die dann zerbricht, betrauert wird – und im Finale erklingt dann erstmals die Tonfolge f-a-e. 
Zu hören ist sie auch in einem Gemeinschaftswerk, das Robert Schumann, Albert Dietrich und Johannes Brahms 1853 „In Erwartung der Ankunft des verehrten und geliebten Freundes Joseph Joachim“ geschrieben haben. Jeder von ihnen komponierte einen Satz; von Brahms stammt das Scherzo dieser F.A.E.-Sonate
Das Klavierquintett f-Moll op. 34 aus dem Jahre 1864 wiederum ist ein Stück, „in dem der kontrollierte Brahms ausbricht und sich an den Rand seiner üblichen Konventionen begibt“, so Kirschnereit. „Er kann sich selbst nicht mehr ganz bändigen. Im dritten und vierten Satz ist es extrem wild und exzentrisch. Wenn man hier das Gefühl hat, dass eigentlich schon alles gesagt ist, genau dann setzt Brahms noch eine Sequenz drauf. Das verleiht dem etwas Animalisches. Das ist sehr selten, diese Schutz- losigkeit, diese rohe Energie. Dieses Hin und Her in den vier Sätzen, dieses Unvereinbare ist fantastisch.“ 
Dieses Ringen zu erkunden, tritt der Pianist nun an – und was da zu hören ist, das verschlägt einem schier den Atem, so überwältigend wird hier musiziert. Kirschnereit beeindruckt durch Sensibilität ebenso wie durch Leidenschaft. Auch seine Partner sind erstklassig: Beim Scherzo aus der Violinsonate bringt Lena Neudauer ihre Perspektive in den Dialog mit ein. Und das Klavierquintett gestaltet Kirschnereit gemeinsam mit dem exzellenten Amaryllis Quartett – zupackend, dramatisch; das ist schlicht grandios. Generell ist alles sehr durchdacht gearbeitet, kammermusika- lisch differenziert, und unglaublich ausdrucksstark. Diese Doppel-CD ist ohne Zweifel eine Referenzaufnahme, die für lange Zeit ihre Gültigkeit behalten wird. Überragend! 

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