Henryk Szeryng (1918 bis 1988) gehört ohne Zweifel zu den bedeu- tenden Geigern des 20. Jahrhun- derts. Über den Lebensweg des Musikers wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet.
Zum hundertsten Geburtstag hat Decca nun sämtliche Einspielungen des Virtuosen, die jemals bei Philips, Mercury und bei der Deutschen Grammophon erschienen sind, mit hohem Aufwand neu veröffentlicht. Die Edition umfasst sagenhafte 44 CDs, und die ganze Box wurde mit einer Akkuratesse gestaltet, die ihresgleichen sucht. Hebt man den äußerst solide gefertigten Deckel ab, wird auf den Rücken der einzelnen Veröffentlichungen sofort ihr Inhalt ersichtlich. Die Vorderseiten der CD zeigen, wie einst die entsprechenden Schallplatten ausgesehen haben. Das Beiheft ist ebenfalls umfangreich und bietet nicht nur Informationen, sondern auch zahlreiche Fotos.
Die CD-Box enthält neben den bekannten Referenzaufnahmen der Sonaten und Partiten BWV 1001-1006 auch etliche bislang unbeachtete Raritäten. Zu den neu veröffentlichten Aufnahmen zählen Tschaikowskys Violinkonzert mit Antal Doráti und dem LSO, sowie Mozarts Sinfonia concertante KV 364 mit Bruno Giurianna.
Die Kollektion zeigt, wie breit die musikalischen Interessen und das Repertoire von Henryk Szeryng waren. Zu hören sind beispielsweise Violinkonzerte von Sibelius, Bartók, Chatschaturjan und Prokofjew, Vivaldi, Paganini, Beethoven, Brahms, Wieniawski und Szymanowski, Saint-Saëns, Berg und Martinon, Schumann und Mendelssohn Bartholdy. Dazu erklingen sämtliche Werke Mozarts für Violine und Orchester, sowie Sonaten und Variationen des Komponisten. Bei diesen Aufnahmen war Ingrid Haebler die Klavierpartnerin des Geigers. Gemeinsam mit ihr hat er auch Beethovens Violinsonaten eingespielt. Bei den Klaviertrios des Komponisten ist Szeryng gemeinsam mit Pierre Fournier und Wilhelm Kempff zu hören. Immer wieder wendete sich der Violinist auch den Werken Bachs zu. So sind dessen Violinkonzerte und das Doppelkonzert in dieser Edition gleich zweimal vertreten. Und auch Bachs Sonaten für Violine und Cembalo, von Szeryng eingespielt mit Helmut Walcha, sind in der Box enthalten. Mehrere Zusammenstellungen kleinerer Stücke, darunter eine komplette CD mit Werken von Fritz Kreisler, runden das Bild ab.
Szeryng war ein Weltbürger – gebildet, sprachgewandt, vielseitig interessiert. Der Musiker beeindruckt immer wieder mit seinem klaren, unverwechselbaren Ton und der enormen Präzision, mit der er jedes Stück gestaltet. Er war ein großer Künstler, der seine Zeitgenossen immer wieder überrascht hat. Diese Box vermittelt etwas von dieser Faszination. Wer das Geigenspiel von Henryk Szeryng schätzt, der hat nun viele Stunden puren Genuss vor sich.
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