„Daß ich für Chor schreiben und die Stimmen zu behandeln verstehe, darf ich wohl sagen. Genannte Herren, sowie das Directorium des Kgl. Conservatoriums, an welchem Institut ich seit 5½ Jahr als Theorie- und Compositionslehrer thätig bin, können auch Auskunft geben über meine Bedeutung als Contrapunktist und als praktischer, einer conser- vativen Richtung angehörender, Musiker. Indem ich mich einem hochverehrten Rath empfehle, unterzeichne ich mit größter Ehr- erbietung ergebenst Leipzig, dem 9. Juni 1892. Gustav Schreck, Lehrer am Kgl. Conservatorium der Musik“. So endet das Schreiben, mit dem sich Gustav Schreck (1849 bis 1918) einst beim Rat der Stadt Leipzig um die nach dem Tode von Wilhelm Rust vakante Stelle des Thomaskantors bewarb.
Der Komponist, geboren im thüringischen Städtchen Zeulenroda, begann seine musikalische Ausbildung beim dortigen Kantor, und besuchte dann Lyceum und Lehrerseminar in Greiz. 1868 ging Schreck zum Musik- studium nach Leipzig; er musste aber feststellen, dass seine Stimme für eine Sängerkarriere nicht stabil genug war. So folgte er 1870 seinem Bruder nach Wyborg in Finnland, wo er als Musiklehrer am deutschen Gymnasium unterrichtete. 1873 kehrte Schreck nach Leipzig zurück, zunächst als freischaffender Musiker und Komponist. 1887 wurde er als Lehrer für Theorie und Komposition an das Konservatorium berufen; 1898 wurde er dann zum Professor.
Außerdem wurde Schreck 1893 zum Thomaskantor ernannt. Dieses Amt übte er mit großer Ernsthaftigkeit und ebenso großem Erfolg aus. Auch als Mitbegründer der Neuen Bachgesellschaft und als Herausgeber zahlrei- cher Werke Bachs erwarb er sich große Verdienste.
Sein eigenes Werk aber ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Dabei war er dafür einstmals sehr gefeiert worden – vor allem für sein Oratorium Christus, der Auferstandene op. 26, uraufgeführt 1892 im Leipziger Gewandhaus, erhielt Schreck viel Beifall. Den Text dazu schrieb seine Frau Emmy; die Handlung erstreckt sich von der Auferstehung bis zur Himmelfahrt Christi. Es handelt sich dabei um ein großformatiges Werk, mit enorm vielen Solo-Partien, beeindruckenden Chören und einem ausdrucksvollen Orchesterpart.
Wiederentdeckt wurde es nun von Fabian Enders, der das Opus mit dem von ihm geleiteten Sächsischen Kammerchor – in dem ehemalige Thomaner sowie Studierende der beiden sächsischen Musikhochschulen singen – und dem Philharmonischen Orchester des Staatstheaters Cottbus im vergangenen Jahr erstmals wieder aufgeführt hat. Der Live-Mitschnitt aus der Leipziger Thomaskirche, zugleich Weltersteinspielung, wurde nun durch das Leipziger Label Rondeau veröffentlicht. Überraschung! Das noch solche Schätze in den Archiven schlummern, verblüfft immer wieder.
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